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DSGVO: Der Aufwand der Auskunft darf nicht ausufern

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Kein unverhältnismäßiger Aufwand der Auskunft
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Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) feierte am 25. Mai den zweiten Geburtstag ihres Inkrafttretens bzw. ihrer europaweit verbindlichen Anwendung. Immer noch gibt es damit erhebliche Probleme. 

Die Praxis muss sich auf die immer noch recht neuen Datenschutzvorgabe erst einstellen, viele Einzelnormen sind Gegenstand laufender Verfahren. Um jedes Verfahren, das abgeschlossen wird und etwas mehr Klarheit schafft, muss man dankbar sein, als Unternehmer oder als öffentliche Einrichtung, aber auch als Verbraucher. 

Schlüsselkonzept Auskunftsanspruch

Ein Kristallisationspunkt der Rechtsstreitigkeiten ist der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO, vor allem die Reichweite des Auskunftsrechts. Das hat derjenige, dessen personenbezogene Daten verarbeitet werden, in sehr großem Umfang, allerdings nicht grenzenlos. Eine Grenze zog nun erstmals ein deutsches Gericht: das Landgericht Heidelberg (LG Heidelberg, Urteil v. 6.2.2020, Az.: 4 O 6/19) – nachdem  das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg und das Oberlandesgericht Köln den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch noch sehr weit ausgelegt hatten.

Das LG Heidelberg lehnte in einer Entscheidung den Auskunftsanspruch einer betroffenen Person ab, da die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand darstelle. Das sei der Fall, wenn die Daten ausschließlich der Datensicherung dienen und eine Benachrichtigung zu aufwändig wäre.

Ex-Arbeitgeber insolvent – Daten nicht ohne weiteres greifbar

Allerdings weist der Fall eine Besonderheit auf: Der beklagte ehemalige Arbeitgeber, bei dem der Kläger als Vorstandsmitglied tätig war, ist mittlerweile insolvent und hat sämtliche Daten aus der Amtszeit der betroffenen Person an einen Dritten zu Backupzwecken übergeben. Damit stand für das Gericht in erheblichem Zweifel, ob die Daten des Klägers vom dafür Verantwortlichen (das bleibt des Unternehmen – trotz Insolvenz und Datenmigration) noch verarbeitet werden.

Es urteilte: „Hingegen muss der Verantwortliche grundsätzlich keine Auskunft über Daten erteilen, die er in der Vergangenheit verarbeitet hat, über die er jedoch nicht mehr verfügt.“ Und das sei der Fall, weil die Daten eben an einen Dritten übergeben wurden, selbst dann, wenn der Verantwortliche ein Zugriffsrecht behalten habe. Denn es gibt dabei erhebliche technische und organisatorische Hindernisse, die erst aus dem Weg geräumt werden müssen.

Kosten des Auskunft zu hoch? Kein Anspruch!

Wenn das insgesamt zu kostspielig ist, muss der Verantwortliche diesen steinigen Weg nicht gehen. Im vorliegenden Fall hätte allein die Wiederherstellung der Daten 4.000 Euro gekostet. Zudem hätten die Daten personalintensiv aufbereitet werden müssen: Weil es dem Kläger vor allem um den damaligen E-Mail-Verkehr ging, hätte die elektronische Post zur Sicherung berechtigter Interessen Dritter gesichtet und geschwärzt werden müssen, bevor sie an die betroffene Person hätten herausgegeben werden können. 

Das Informationsinteresse des Klägers sei demgegenüber geringer einzustufen, so das LG Heidelberg, das mit der Entscheidung eine erfreuliche Praxisnähe zeigt. Der Beschluss ist jedoch kein Joker für Unwillige – der zu hohe Aufwand wird auch künftig im Einzelfall nachzuweisen und zu bewerten sein.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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