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Datenschutz: Google muss Suchergebnisse europaweit aber nicht weltweit löschen

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EuGH-Urteil: Google muss Suchergebnisse nicht weltweit löschen
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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2014 in einem wegweisenden Urteil das Recht der Privatpersonen auf Vergessenwerden im Internet bestätigt. Demnach haben natürliche Personen unter bestimmten Umständen einen Anspruch gegen Suchmaschinenbetreiber auf Löschung personenbezogener Daten (EuGH, Urteil v. 13.05.2014, Az. C-131/12).

In zwei aktuellen Verfahren hat der EuGH nun die Reichweite des „Rechts auf Vergessenwerden“ konkretisiert. Hiernach müssen Suchmaschinenbetreiber umstrittene Suchergebnisse auf Antrag von Betroffenen nicht weltweit löschen. Es reiche aus, wenn die betroffenen Links in allen EU-Mitgliedsstaaten entfernt würden.

Französische Datenschutzbehörde forderte weltweite Löschung

In Frankreich hatten mehrere natürliche Personen bei Google beantragt, bestimmte Informationen bei Suchen nach ihrem Namen nicht mehr anzuzeigen. Die französische Datenschutzbehörde hatte versucht, Google zu zwingen, Links auch auf google.com und allen anderen internationalen Google-Domains zu entfernen. Google weigerte sich, dieser Aufforderung nachzukommen, und beschränkte sich darauf, die fraglichen Links bei Ergebnissen aufgrund von Suchvorgängen zu entfernen, bei denen Varianten ihrer Suchmaschine mit Domainnamen aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verwendet wurden. Das mit den Fällen befasste französische Gericht gab den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiter. Wir berichteten:

Das Recht auf Vergessenwerden

Der EuGH hatte 2014 in einem wegweisenden Urteil das Recht der Privatpersonen auf Vergessenwerden im Internet bestätigt (EuGH, Urteil v. 13.05.2014, Az. C-131/12). Demnach haben natürliche Personen unter bestimmten Umständen einen Anspruch gegen Suchmaschinenbetreiber auf Löschung personenbezogener Daten:

Mit Inkrafttreten der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 wurde das „Recht auf Vergessenwerden“ ausdrücklich ins EU-Recht aufgenommen. Gem. Art. 17 DSGVO hat die betroffene Person die Möglichkeit zu verlangen, dass ihre personenbezogenen Daten im Internet gelöscht werden, jedenfalls dann, wenn keine vorrangigen Gründe entgegenstehen. Das muss in jedem Einzelfall abgewogen werden. 

EuGH: Löschung nur innerhalb Europas

Dem aktuellen EuGH-Urteil zufolge sind Suchmaschinenbetreiber zwar nicht verpflichtet,  das „Recht auf Vergessen“ außerhalb der EU-Mitgliedsländer anzuwenden (EuGH, Urteil v. 24.09.2019, C-507/17).

Dem EuGH zufolge muss Google europäische Internetnutzer freilich davon abhalten, in der EU beanstandete Suchergebnisse auch auf Nicht-EU-Domains der Suchmaschine finden zu können. Hierbei handelt es sich um sogenanntes Geoblocking. Der Suchmaschinenbetreiber muss die entsprechenden Links unsichtbar machen für Internetnutzer, die von IP-Adressen aus der EU zum Beispiel auf Google.com suchen.

EuGH: Abwägung erforderlich

Im Rahmen eines Auslistungsantrags ist eine Abwägung zwischen den Grundrechten des Antragstellers und den Grundrechten der Internetnutzer vorzunehmen, die potenziell Interesse an diesen Informationen haben (EuGH, Urteil vom 24.09.2019, C-136/17). Maßgeblich ist immer die Betrachtung des konkreten Einzelfalls. Hierbei steht dem Recht von Einzelpersonen auf die Entfernung personenbezogener Daten im Netz das Recht auf Meinungsfreiheit und ein berechtigtes öffentliches Interesse an Informationen entgegen.

Fazit

Anfang Oktober befand der EuGH, dass Facebook und die ihm zugehörigen Nachrichtendienste (WhatsApp oder Instagram) beim Vorliegen von gerichtlichen Anweisungen verpflichtet sein können, rechtswidrige Nutzer-Posts zu löschen. In Anbetracht der rasanten Verbreitungsgeschwindigkeit von Inhalten in sozialen Medien soll die Löschpflicht jedoch international gelten und die wortgetreue wie die bloß sinngleiche Wiedergabe umfassen:

Vor diesem Hintergrund erscheint die vom EuGH getroffene Differenzierung hinsichtlich der räumlichen Durchsetzungsmöglichkeit recht seltsam. Es ist daher möglich, dass sich die Auswirkungen des Urteils hinsichtlich „inhaltsgleicher“ Informationen aus den beschriebenen Gründen in Grenzen halten werden, da diese Möglichkeit im Gesamtkontext nur restriktiv eingesetzt werden kann.

Nichtsdestotrotz ist die Durchsetzung der Grundrechte der von den zu löschenden Inhalten betroffenen Person durch Google zu begrüßen. Der Konzern wendet das Geoblocking bereits an, um das Recht auf Vergessenwerden europaweit umzusetzen. Dem Transparenzbericht zufolge erhielt der Suchmaschinenbetreiber seit 2014 mehr als 3,3 Millionen Anfragen zur Entfernung von Link-Adressen. In über 1 Million Fällen ist Google diesen Ersuchen bereits tatsächlich nachgekommen.

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