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Anwälte haben keinen Anspruch auf geschwärztes Urteil im Internet

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Veröffentlichte Urteile sind meistens derart geschwärzt, dass die Beteiligten und die Anwälte für den Leser nicht mehr erkennbar sind. Das OLG Hamm (OLG Hamm, Urt. v 11.12.2007, Az. 4 U 132/07) stellte jetzt klar, dass darauf für die beteiligten Rechtsanwälte grundsätzlich kein Anspruch besteht, auch und gerade, wenn das Urteil sich für sie als Niederlage darstellt.

Einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb lehnte das Gericht bereits mit der Begründung ab, dass die namentliche Erwähnung schon keinen Eingriff in „den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit“ darstelle. Bloß mittelbare Beeinträchtigungen oder auch allgemeine Kritik seien hierfür grundsätzlich nicht ausreichend.

Aber auch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung hielt das Gericht für nicht gegeben.

Es handele sich „nur“ um einen Eingriff in die Individualsphäre und nicht in die Intim- oder Privatsphäre. Eine Anprangerung der Kl. selbst, eine Schmähkritik diesen gegenüber oder Ähnliches liege gerade nicht vor. Die bloße Nennung in den Urteilen und nicht zuletzt in dem Briefkopf des Rücknahmeschriftsatzes gestalte sich bei nüchterner Betrachtung als überaus neutral.

Ich persönlich finde die Entscheidung wie so manche Im Presse- und Äußerungsrecht mit einer Verbindung zum Internet sehr bedenklich. Denn ich habe den Verdacht, dass die Gerichte sich nicht darüber im Klaren sind, dass es sich nicht um herkömmliche Veröffentlichungen in klassischen Medien wie Zeitung, Fernsehen, etc. handelt. Hier werden Dinge veröffentlicht bzw. ausgestrahlt und kommen dann ins Archiv. Eine Veröffentlichung im Internet ist dagegen für einen unbegrenzten Zeitraum für ein ebenso unbegrenztes Publikum jederzeit abrufbar und dank Google auch immer leicht erreichbar. Diese uferlose Verbreitung allermöglichen Informationen, die sich dank ihrer digitalen Gestalt auch einfach sammeln und zuordnen lassen muss sich jemand vor dem Hintergrund der informationellen Selbstbestimmung verbitten können.

Der Senat gab den klagenden Anwälten aber auch mit Hinblick auf den vorliegenden (für sie verlorenen Prozess) ein kleines Trostpflaster mit auf den Weg:

Der weitere Umstand, dass die Anwälte möglicherweise mit als Verlierer dastehen, was ihrer Reputation aus Sicht Dritter nicht unbedingt förderlich sein mag, ist im Übrigen nichts Ungewöhnliches und Ehrenrühriges, zumal in Anwaltsprozessen in Zivilsachen immer 50% der Parteien, vertreten durch ihre Anwälte, verlieren und ein verlorener Prozess nicht gleichzeitig auch eine Bloßstellung oder Diffamierung des Anwalts bedeutet.

So ist das also. Mal gewinnt man, mal verliert man. Und das mit einer Quote von 50%. Wenn das unsere Mandanten erfahren, werfen manche vielleicht lieber eine Münze, als eine teure Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen…

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