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OLG Stuttgart zu Health-Claims-Verstoß durch Amazon-Produktangabe

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Health Claims Amazon
Diego Cervo – stock.adobe.com

Aussagen über Faltenverringerung sind als Angaben im Sinne der Health-Claims-Verordnung anzusehen, wenn der optische Effekt einer Steigerung körperlicher Funktionen beschrieben wird (OLG Stuttgart, Urteil v. 04.11.2021, Az. 2 U 49/21  Collagen Youth Drink).

Die Einordnung hängt von den Umständen der Werbung ab, insbesondere davon, ob die Angabe in einem gesundheitsbezogenen Kontext verwendet wird. Es reicht aus, dass sie bei einem Durchschnittsverbraucher einen entsprechenden Eindruck hervorrufen kann, so das OLG Stuttgart.

Der Verfügungskläger in dem Verfahren vor dem OLG Stuttgart ist ein Wettbewerbsverband. Die Beklagte ist eine Parfümeriekette und vertrieb bei Amazon ein Produkt namens „#INNERBEAUTY Collagen Youth Drink“. Es handelt sich um ein Flüssigpräparat, das u. a. Kupfer und Kollagenhydrolysat enthält. Bei Kollagen handelt es sich um ein Bindegewebseiweiß. Die Produktbeschreibung enthielt folgende Angaben: „Wirkt von innen heraus. Der Collagen Youth Drink mit 2500 mg Kollagen und weiteren hocheffizienten Wirkstoffen verbessert das Erscheinungsbild der Haut durch… weniger Falten“, „Kupfer stärkt das Bindegewebe“, „Reduziert Falten“, „#Innerbeauty wirkt gegen Hautalterung“.

Verstoß gegen Health-Claims-Verordnung

Der Kläger war der Auffassung, die Werbung verstoße gegen die Health-Claims-Verordnung (kurz: HCVO, EG-Verordnung 1924/2006). Die Werbung enthalte gesundheitsbezogene Angaben. Eine dafür erforderliche Zulassung für die Kombination der Wirkstoffe Kollagenhydrolysat und Kupfer existiere nicht. Vielmehr habe die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Zulassung von Gesundheitsangaben eines Kollagenhydrolysat-Präparats abgelehnt, weil ein Ursache-Wirkungszusammenhang nicht hergestellt werden könne. Darüber hinaus verstoße die Werbung gegen Artikel 7 der Lebensmittelinformationsverordnung. Die Werbung sei zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet, denn es würden Behauptungen über die Wirkungen des Mittels aufgestellt, die diesem tatsächlich nicht zukämen.

Suggerierter Zusammenhang zwischen Kollagen und Hauterscheinung

Das OLG Stuttgart gelangte zu der Auffassung, dass die Produktangaben einen spezifischen Zusammenhang zwischen dem Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits herstellen. Die Werbung stelle einen Wirkungszusammenhang her zwischen dem Lebensmittel und einer Körperfunktion im Sinne von Artikel 13 Absatz 1 lit. a HCVO, dessen wissenschaftliche Absicherung in einem Zulassungsverfahren überprüft werden könne.

Schon durch die Angabe „wirkt von innen heraus“ werde dem Verbraucher suggeriert, dass ein Zusammenhang bestehe zwischen dem in dem beworbenen Produkt enthaltenen Kollagen und einem durch weniger Falten verbesserten Hauterscheinungsbild. Die Wortlautangaben versprächen einen körperlichen Effekt. Der Verbraucher verstehe dies dahingehend, dass die Wirkstoffe Falten reduzieren, eine Aussage, mit der ebenfalls geworben wurde.

Die Werbeaussage „#Innerbeauty wirkt gegen Hautalterung“ verstehe ein Verbraucher in deutscher Übersetzung als „innere Schönheit“ und so, dass die Wirkung der Schönheit von innen heraus entstehe, durch eine Verbesserung körperlicher Prozesse.

Unzulässige Gesundheitsangabe führt zu Unterlassungsanspruch

Die Werbeangabe „Kupfer stärkt das Bindegewebe“ stelle außerdem eine unzulässige Gesundheitsangabe dar, weil nur der Hinweis auf einen Beitrag von Kupfer zur „Erhaltung“ von normalem Bindegewebe zugelassen sei, nicht aber der Hinweis auf eine „Stärkung“.

Die Werbeangaben stufte das Gericht als gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 HCVO ein. Die Beklagte habe die Voraussetzungen für ihre Zulässigkeit nicht glaubhaft gemacht. Das OLG bejahte einen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der angegriffenen Werbung aus § 8 Absatz 1 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit den §§ 3, 3a UWG und Artikel 10 Absatz 1 HCVO.

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