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BGH: Markennutzung in Werbung schließt Lizenzschadenersatz nicht aus

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Die markenrechtsverletzende Nutzung eines Zeichens allein in der Werbung schließt nicht aus, dass ein Schadenersatzanspruch auf der Grundlage einer Umsatzlizenz berechnet wird (BGH, Urteil v. 22.09.2021, Az. I ZR 20/21). 

Wird ein markenrechtlich geschütztes Zeichen unter Verletzung von Markenrecht genutzt, kann Schadenersatz im Rahmen der Lizenzanalogie fällig werden. Wie dieser zu berechnen ist, war im vorliegenden Verfahren strittig. Der BGH entschied, dass die Wahl der Berechnungsgrundlage in erster Linie Sache des Tatgerichts ist im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO. Danach entscheidet „das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung“, wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft, wenn dies unter den Parteien streitig ist.

Nachbau eines geschützten Gerüsts beworben

In dem entschiedenen Fall ist die Klägerin Inhaberin verschiedener Marken, unter anderem der deutschen Wortmarke „Layher“, eingetragen für Gerüste jeder Bauart. Die Beklagte produzierte und vertrieb einen Nachbau des Gerüstsystems „Layher-Blitz-Gerüst 70 S“ der Klägerin. Diese bewarb sie in Werbesendungen und auf ihrer Internetseite.

Die Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab und verpflichtete sich darin, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzten, der dieser durch die Verletzungshandlungen entstanden sind und noch entstehen werden. Zudem wurde die Beklagte zur Auskunft verurteilt. Sie bezifferte den Nettoumsatz mit in Deutschland markenverletzend beworbenen Gerüstbauteilen auf 670.980 Euro. Die Klägerin verlangte Schadenersatz in Höhe einer fiktiven Lizenzgebühr, die Sie mit acht Prozent des erzielten Nettoumsatzes bezifferte, konkret 53.678 Euro.

Fiktive Lizenzgebühr auf Basis einer Umsatzlizenz

Das Landgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht gab der beschränkten Berufung der Beklagten, den Schadenersatzbetrag zu begrenzen, statt und verurteilte die Beklagte, 33.550 Euro an die Klägerin zu zahlen. Das Berufungsgericht nahm an, die Berechnung einer fiktiven Lizenzgebühr auf der Basis einer Umsatzlizenz sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte ging daraufhin in Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragte. Das Berufungsgericht hatte der Klägerin Schadenersatz nach der Lizenzanalogie in Höhe von fünf Prozent des Umsatzes der Beklagten zugesprochen. Der BGH hob das Berufungsurteil dennoch auf und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht.

Unterschied zwischen Produktnachbildung und Werbung?

Das Berufungsgericht nahm an, dass eine Umsatzlizenz auch dann in Betracht komme, wenn wie vorliegend das fremde Zeichen ausschließlich in der Werbung verwendet werde. Dem stehe nicht entgegen, dass es bei Werbung keinen Umsatz gebe, der sich allein auf das markenrechtsverletzende Verhalten des Schädigers beziehe. Der Unterschied zwischen der Benutzung der Marke für eine Produktnachbildung und der Benutzung im Zusammenhang mit Werbung sei in der Höhe des fiktiven Lizenzsatzes zu berücksichtigen.

BGH: Keine Differenzierung zwischen Werbenutzung und Umsatzgeschäft

Der BGH befand, dass eine Differenzierung zwischen der Benutzung einer Marke in der Werbung und dem nachfolgenden Umsatzgeschäft nicht angezeigt sei. Soweit eine Marke für ein Geschäft verwendet werde, das auf die Erzielung von Umsätzen ausgelegt ist, diene auch die Werbung mit der Marke diesem Ziel. Markenrechtsverletzende Werbung wirke sich regelmäßig auf das Umsatzgeschäft aus und kann nicht losgelöst von dem Umsatzgeschäft betrachtet werden, welches isoliert betrachtet nicht markenrechtsverletzend ist. Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei lizenzmindernd zu berücksichtigen, dass bei einer „nur“ markenrechtsverletzenden Werbung regelmäßig nicht feststehe, welche Umsätze tatsächlich auf die Markenrechtsverletzung zurückzuführen seien, halte einer rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.

Markenverletzung in der Werbung lizenzmindernd zu berücksichtigen

Der BGH gab der Rüge der Anschlussrevision gegen die Begründung des Berufungsgerichts statt, mit der dieses den Lizenzsatz statt auf die beantragten acht Prozent auf fünf Prozent des Nettoumsatzes schätzte. Bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs auf der Basis einer Umsatzlizenz könne eine Lizenzminderung bei einer Markenrechtsverletzung nur in der Werbung nicht damit begründet werden, es werde an einen Umsatz angeknüpft, der nur zu einem geringen Teil auf der Markenrechtsverletzung beruhe. Der Umstand, dass die Markenrechtsverletzung sich auf Werbung beschränke, könne wenngleich wegen möglicherweise geringerer Intensität der Markenrechtsverletzung bei einer Umsatzlizenz je nach den Umständen des Einzelfalls lizenzmindernd zu berücksichtigen sein. Das Markengesetz unterscheide nämlich bei Markenrechtsverletzungen nicht zwischen der Kennzeichnung fremder Erzeugnisse und der Werbung mit einer geschützten Bezeichnung.

Das neue BGH-Urteil gibt Markenrechtsgeschädigten im Bereich der Werbung relativ konkrete Berechnungsgrundlagen für Schadenersatzforderungen an die Hand. Es erweitert die bisher vorhandene höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 14 Abs. 6 S. 3 Markengesetz und § 287 Abs. 1 ZPO.

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