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LG Frankfurt, die Zweite: "Echtheitsgarantie" auch bei Software unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten

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Echtheitsgarantie Software unzulässige Werbung
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[:de]Sind Echtheitsgarantien für „gebrauchte“ Software als unzulässige Werbung zu qualifizieren? Mit dieser Frage hatte sich das LG Frankfurt im Rahmen eines von uns angestrengten Verfahren zu beschäftigen. Nach Ansicht der Richter handelt es sich um unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten.

Es gibt wichtige Neuigkeiten für Softwarehändler.

Das Landgericht Frankfurt hat auf den Antrag von Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum Rechtsanwälte (LHR) einem Softwarehändler und ihrem Geschäftsführer mit Beschluss vom 17.10.2016 (LG Frankfurt, Beschluss v. 17.10.2016, Az. 3-10 O 111/16) verboten, „gebrauchte“ Software mit den folgenden Angaben zu bewerben:

Echtheitsgarantie Software unzulässige Werbung

Im Falle der Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft. Der Streitwert wurde auf 35.000,00 € festgesetzt. Die Entscheidung ist als Beschlussverfügung ohne Gründe ergangen und noch nicht rechtskräftig.

Echtheitsgarantien sind unzulässig, weil irreführend

Damit bestätigt eine weitere spezialisierte Kammer des Landgerichts Frankfurt  unsere Meinung, dass der Verkauf von gebrauchter Software auch in Gestalt von bloßen Produktschlüssel zwar grundsätzlich zulässig ist, „Echtheitsgarantien“ aber in den entsprechenden Angeboten nichts zu suchen haben.  Erst im März 2016 hatte die 8. Zivilkammer des LG Frankfurt einen ganz ähnlichen Verbotsbeschluss gefasst. Wir berichteten.

Das Landgericht Frankfurt ist der Argumentation der Antragstellerin in der Antragsschrift gefolgt, dass es sich dabei um unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten handelt.

Werbung mit Selbstverständlichkeiten – Was ist das?

Bei der so genannten Werbung mit Selbstverständlichkeiten handelt es sich um einen besondere Art der wettbewerbsrechtlichen Irreführung. Das Besondere daran ist, dass es sich dabei grundsätzlich um eine Werbung mit zutreffenden Tatsachen handelt. Eine solche Werbung ist – selbstverständlich – grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Das ist ausnahmsweise dann anders, wenn das angesprochene Publikum annimmt, dass mit der Werbung tatsächlich ein Vorzug gegenüber anderen Erzeugnissen der gleichen Gattung oder den Angeboten von Mitbewerbern hervorgehoben wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn dem Publikum nicht bekannt ist, dass es sich bei der betonten Eigenschaft um eine gesetzlich vorgeschriebene oder zum Wesen der Ware gehörenden Umstand handelt. Ausnahmsweise ist demnach die Mitteilung zutreffender, wahrer Umstände unzulässig, wenn der Verbraucher den Eindruck gewinnt, ihm werde etwas Besonderes geboten. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass für die Annahme einer irreführenden Werbung mit Selbstverständlichkeiten nicht eine hervorgehobene Darstellung notwendig ist (BGH, Urteil v. 19. März 2014, Az. I ZR 185/12). Wir berichteten.

Es ist schlicht selbstverständlich, dass angebotene Ware „original“ und „legal” zu sein hat. Diese Selbstverständlichkeit stellten die Antragsgegner an mehreren Stellen ihres Angebots als etwas Besonderes heraus. Das Publikum nimmt so an, die Waren hätten einen Vorzug gegenüber anderen Waren gleicher Gattung oder Konkurrenzangeboten, während es sich doch in Wahrheit um Merkmale handelt, die das Produkt des Werbenden gegenüber anderen nicht auszeichnet, da es ansonsten ohnehin nicht verkehrsfähig und dessen Angebot damit rechtswidrig wäre. Die Irreführung wurde verstärkt durch den Hinweis auf günstigere Angebote, der suggeriert, dass der Käufer dort kein “originales” und “legales” Produkt erwarten könne.

Der Geschäftsführer haftet neben der GmbH

Beachtenswert an der Entscheidung ist, dass das Landgericht nicht nur die GmbH in die Haftung genommen hat, sondern auch deren Geschäftsführer.

Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen scheidet zwar als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist.

So liegt es aber bei der rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird. Dementsprechend hat der BGH ohne weiteres eine Haftung der vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person für das allgemeine Konzept einer Kundenwerbung eines Unternehmens (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – I ZR 157/10, GRUR 2012, 184 Rn. 1, 32 = WRP 2012, 194 – Branchenbuch Berg), für den Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 5, 70 = WRP 2011, 1454 – TÜV II) und für den allgemeinen Internetauftritt des Unternehmers (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2012 – I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 2, 36 = WRP 2012, 1392 – Pelikan) bejaht (BGH, GRUR 2014, 883, Rn. 19 – Geschäftsführerhaftung).

So lag der Fall hier, da es sich bei der streitgegenständlichen Werbung nicht um eine punktuelles Fehlverhalten, sondern um einen von einem allgemeinen Konzept getragenen, allgemeinen Auftritt geht, über den typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird. (la)

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