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5 Dinge, die Sie über die Vertragsstrafe nach einer Unterlassungserklärung wissen sollten

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Vertragsstrafe nach einer Unterlassungserklärung
© Sergey Yarochkin – Fotolia.com

Ist man selber Betroffener eines Bilderklaus oder ähnlicher Urheberrechtsverletzungen, so drängt sich die Frage auf, wie man künftigen Bilderklau vorbeugen oder zumindest eine angemessene finanzielle Entschädigung für diesen sicherstellen kann. Ein übliches und gleichsam bewährtes Mittel ist die sog. Vertragsstrafe nach einer Unterlassungserklärung. Im Folgenden möchten wir Ihnen 5 Dinge erläutern, die Sie über die Vertragsstrafe wissen sollten. 

1. Allgemeines zur Vertragsstrafe nach einer Unterlassungserklärung

Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe hat sich im Laufe der Jahre zu einem bewährten Mittel der außergerichtlichen Streitbeilegung im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts entwickelt. So wird der Verletzer mittels der Abmahnung aufgefordert, sich vertraglich zur Unterlassung zu verpflichten und diese Unterlassungspflicht durch ein Vertragsstrafeversprechen abzusichern. Ist er daran interessiert, eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Rechteinhaber zu vermeiden, und gibt die erforderlichen Erklärungen ab, verpflichtet er sich damit einerseits dazu, von der Urheberrechtsverletzung endgültig Abstand zu nehmen. Andererseits übernimmt er aber auch die Pflicht, bei jedem Verstoß eine Vertragsstrafe an den Rechteinhaber zu zahlen.

Die Vertragsstrafe kann dabei entweder von vornherein in fester Höhe vereinbart oder in das Ermessen des Rechteinhabers gestellt werden, der deren Höhe nach einer Zuwiderhandlung festzulegen hat. In jedem Fall verfolgt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe vorrangig den Zweck, Druck auf den Verletzer auszuüben. Er wird insoweit dazu angehalten, keine weiteren Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Dies führt zum Wegfall der Wiederholungsgefahr, die nach der Rechtsdogmatik schon allein aufgrund der bisherigen Rechtsverletzung als gegeben gilt. Auf der anderen Seite steht auch die Rolle der Vertragsstrafe als pauschalisierten Schadensersatz im Vordergrund. Der wesentliche Vorteil gegenüber den üblichen Schadensersatzansprüchen ist dabei, dass der Betroffene weder den Eintritt eines Schadens noch dessen konkrete Höhe nachzuweisen braucht.

Auch im darüber hinausgehenden Umfang ergeben sich oft erhebliche Erleichterungen bei dem Schutz und der Durchsetzung der Rechtspositionen und Ansprüche des Betroffenen. Denn diese setzten nach Abgabe einer Unterlassungserklärung im Wesentlichen nur einen Vestoß gegen die dort formulierte Unterlassungspflicht voraus. Die Voraussetzungen eines etwaigen gesetzlichen Verletzungstatbestands (wie etwa Rechteinhaberschaft, Verstoß gegen eine Verbotsnorm etc.) sind hingegen nicht mehr zu hinterfragen. Die Verwirkung einer Vertragsstrafe bleibt allerdings verschuldensabhängig. Dies trifft selbst dann zu, wenn hierüber keine Abrede getroffen wurde. Ein Verschulden ist aber schon bei Fahrlässigkeit gegeben. Demnach muss der Verletzer nicht in voller Absicht handeln. Es reicht bereits aus, wenn er lediglich die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

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2. Die Formulierung & Auslegung von Unterlassungserklärungen

Bei der Formulierung bzw. dem Zustandekommen von strafbewehrten Unterlassungserklärungen ist Vorsicht geboten.

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass nicht nur identische, sondern auch im Kern gleichartige Verletzungshandlungen unter Vertragsstrafe gestellt werden. An einem Beispiel verdeutlicht, bedeutet dies, dass man als Rechteinhaber den Verletzer abmahnt und auffordert, das betreffende Bild, welches auf eBay zu finden war, nicht öffentlich zugänglich zu machen. Würde der Verletzer das Bild sodann auf Amazon verwenden, so wäre dies zwar nicht mehr die identische Verletzungshandlung. Allerdings würde sie das Charakteristische des abgemahnten Rechtsverstoßes, nämlich die öffentliche Zugänglichmachung des konkreten Schutzobjekts im Internet genauso wiedergeben und insoweit eine im Kern gleichartige Verletzungshandlung darstellen, die unter die ursprüngliche strafbewehrte Unterlassungserklärung zu subsumieren wäre.

Anders kann es sich allerdings in den Fällen verhalten, in denen man eine allgemein gefasste strafbewehrte Unterlassungserklärung vom Verletzer verlangt, dieser sie aber dahingehend ändert, dass nur noch die speziell beanstandete Handlungsvariante umgeschrieben wird. Gibt sich der Rechteinhaber mit einer derart modifizierten Erklärung zufrieden, besteht für ihn die Gefahr, dass die im Kern gleichartigen Verletzungen nicht mehr von der versprochenen Vertragsstrafe umfasst sind. Im Einzelfall nehmen die Gerichte unter diesen Umständen sogar einen entsprechenden Anspruchsverzicht aufseiten des Rechteinhabers an.

Mit Blick darauf und andere solche Feinheiten ist nicht der Verletzer, sondern auch und vor allem der Rechteinhaber gut beraten, im Zusammenhang mit der Formulierung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung Hilfe eines auf dem jeweiligen Gebiet spezialisierten Rechtsanwalts hinzuziehen. Denn es geht dabei um nicht weniger als verbindliche Regulierung des zukünftigen Verhaltens des Verletzers und der Reichtweite der dem gegenüberstehenden Schutzmechanismen des Rechteinhabers einschließlich einer angemessenen finanziellen Entschädigung zu seinen Gunsten.

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3. Unterlassung kann Aktivwerden erfordern

Man mag die Auffassung gewinnen, dass eine Unterlassungspflicht jemanden lediglich dazu auffordert, nichts zu tun. Diese Auffassung entpuppt sich aber oft als falsch. Wir veranschaulichen das am folgenden Beispiel aus unserer aktuellen Praxis.

In einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren bestätigte das LG Köln kürzlich zu einem weiteren Mal, dass die Parteien im Zusammenhang mit der Vereinbarung einer Unterlassungspflicht auch sog. ergänzende Handlungspflichten nicht außer Acht lassen sollten (LG Köln, Urteil v. 01.06.2017, Az. 14 O 37/15, nicht rkr.). Der Verletzer – um sich rechtskonform zu verhalten und keine Vertragsstrafe zu riskieren, der Rechteinhaber – um seine Rechte vollumfänglich und konsequent durchzusetzen.

Die ergänzenden Handlungspflichten kommen in erster Linie bei sog. Dauerdelikten, etwa dem Bilderklau im Internet in Betracht, wie er auch Gegenstand des besagten Klageverfahrens vor dem LG Köln war. Eine Unterlassung bedeutet zunächst naheliegender Weise, dass der Verletzer vom beanstandeten Bilderklau ablassen soll. Der Gegner in unserem Fall nutzte ein von unserem Mandanten geschaffenes Produktbild ohne seine Erlaubnis auf eBay, um dort eigene Produkte zu bewerben und deren Absatz zu fördern. Im Rahmen einer Unterlassung wäre also zunächst daran zu denken, dass das Fortführen des Verkaufsangebots oder die Verwendung des Bilds in einem neuen Verkaufsangebot zu unterlassen ist.

Doch das wäre – und war im geschilderten Fall tatsächlich – zu kurz gedacht. Denn durch das Hochladen und dauerhafte Veröffentlichung des geklauten Bildes im Internet hat der Verletzer einen fortlaufenden widerrechtlichen Zustand geschaffen. Nach ständiger Rechtsprechung hat er diesen Zustand auch zu beseitigen. Er muss alles ihm Mögliche und Zumutbare veranlassen, damit das Bild aus dem monierten Verkaufsangebot gelöscht wird. Hinsichtlich eBay bedeutet dies, dass das Bild bspw. auch nicht mehr über die „erweiterte Suche“ oder das Menü „beendete Auktionen“ zu finden sein darf. Die dahingehenden Bemühungen hat er nicht nur im Rahmen des – dem Rechteinhaber ebenfalls zustehenden – Beseitigungsanspruchs, sondern auch zur Erfüllung der übernommenen Unterlassungspflicht vorzunehmen. Denn bei einem Dauerdelikt steht die Aufrechterhaltung eines andauernden widerrechtlichen Zustands einem erneuten Rechtsverstoß gleich. Vernachlässigt der Verletzer die betreffende Handlungspflicht, verwirkt er damit die im Rahmen seiner Unterlassungserklärung versprochene Vertragsstrafe. Auf dieser Grundlage fiel die Entscheidung zu Gunsten unseres Mandanten aus.

Über einen vergleichbaren Fall, der vor dem LG Mannheim ebenfalls auf Betreiben unserer Kanzlei ausgetragen wurde, haben wir hier in einem separaten Artikel berichtet. Eine ähnliche Situation liegt bspw. auch vor, wenn der Verletzter, der das Bild auf der eigenen Webseite öffentlich zugänglich macht, es versäumt, dieses gänzlich vom Server zu beseitigen und lediglich einzelne darauf führende Links entfernt. Denn in diesem Fall ist das Bild für die Nutzter, die die direkte Bild-URL kennen oder ausfindig machen können, immer noch abrufbar, so dass ebenfalls eine Vertragsstrafe fällig wird. Für ein solches Beispiel aus unserer Praxis verweisen wir auf diesen Artikel über ein Verfahren vor dem OLG Karlsruhe.

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4. Die Berechnung der Vertragsstrafe

Ein, vor allem für die Betroffenen, äußerst interessanter Aspekt, ist die Frage der Berechnung der Vertragsstrafe. Kann man selbst als Hobbyfotograf pro Zuwiderhandlung etwa einen vierstelligen Betrag fordern? Diese Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten. So stellte bspw. das LG Köln im soeben geschilderten Fall fest:

Für die Angemessenheit einer verwirkten Vertragsstrafe kommt es in erste Linie – unter Berücksichtigung von Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung – auf den Sanktionscharakter der Vertragsstrafe und deren Funktion an, weitere Zuwiderhandlungen zu verhüten, ferner auf die Gefährlichkeit der Zuwiderhandlung für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers und – gegebenenfalls – auf die Funktion der Vertragsstrafe als pauschalierter Schadensersatz.

Dies zugrunde gelegt, muss die Vertragsstrafe zwar angemessen, aber dennoch spürbar sein. Ihr soll eine abschreckende Wirkung zukommen, so dass sie von weiterem Bilderklau abhält. Im gewerblichen Bereich liegt die Vertragsstrafe oftmals bei einem Betrag von über 5.000,00 Euro je Zuwiderhandlung. Das OLG Frankfurt a.M. stellte sogar fest, dass in Geschäftsbereichen von normaler wirtschaftlicher Bedeutung eine Vertragsstrafe von unter 2.500,00 Euro allenfalls in Ausnahmefällen als ausreichend angesehen werden kann (OLG Frankfurt, Urteil v. 09.12.2013, Az. 11 W 27/13).

Im Verfahren vor dem LG Köln setzte unser Mandant die verwirkte Vertragsstrafe auf 2.500,00 Euro fest. Der Verstoß ereignete sich zwar im gewerblichen Bereich, allerdings ist unser Mandant kein professioneller Fotograf. Ferner nahm er Rücksicht darauf, dass die konkrete Zuwiderhandlung „lediglich“ darin bestand, dass der Verletzer das Bild aus seinem eBay-Angebot, welches bereits beendet war, nicht vollständig löschte, so dass dieses dort noch eine Zeit lang abrufbar war. Das LG Köln äußerte in Bezug auf diese Bemessung der Vertragsstrafe keine Bedenken.

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5. Erneute Verletzung nach strafbewehrter Unterlassungserklärung

Kommt es nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung zu einer Vertragsverletzung, sei es durch einen aktiven neuen Verstoß oder aber durch die Nichtbeachtung der ergänzenden Handlungspflichten, so wird, wie ausgeführt, zunächst die Vertragsstrafe fällig. Darüber hinaus gibt der Verletzer aber auch zu erkennen, dass in seiner Person erneut die Wiederholungsgefahr besteht. Die erste strafbewehrte Unterlassungserklärung hat somit ihren Zweck, den Verletzer von weiteren Verletzungshandlungen abzuhalten, eingebüßt.

Um die erneute Wiederholungsgefahr außergerichtlich auszuschließen, ist eine weitere Unterlassungserklärung von Nöten. Diese ist mit einer erheblich höheren Vertragsstrafe zu bewehren, um dem Zweck der Abschreckung dienen zu können (so der BGH noch im Jahr 1989, vgl. BGH, GRUR 1990, 534 – Abruf-Coupon).

Zu diesem Thema haben wir in unserem Magazin ebenfalls schon berichtet. Beispielhaft sei auf diesen Beitrag hingewiesen. In dem dort behandelten Urteil des OLG Köln kam nicht nur zum Ausdruck, dass die erneute Vertragsstrafe erheblich höher ausfallen muss, sondern wurde auch geklärt, wie dies zu bewerkstelligen ist, wenn die erste Vertragsstrafe noch nach dem „neuem Hamburger Brauch“ formuliert wurde und damit keine Obergrenze vorsah. Das Gericht bestätigte insoweit die von uns vertretene Auffassung, dass der erforderlichen Sanktionsverschärfung dadurch Rechnung zu tragen ist, dass die Parteien in der neuen Unterlassungserklärung eine spürbare, die bereits stattgefundene Zuwiderhandlung berücksichtigende Mindesthöhe der Vertragsstrafe festlegen.

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