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BGH zum Streitwert beim Antrag auf Urteilsbekanntmachung

Streitwert Urteilsbekanntmachung
Sikov – stock.adobe.com

Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Beschluss damit befasst, wie der Streitwert festzusetzen ist bei einem Antrag auf Urteilsbekanntmachung in einem urheberrechtlichen Fall (BGH, Urteil v. 4.11.2021, Az. I ZR 153/20).

Der Kläger in dem Verfahren ist Modefotograf. Er fertigte für die Beklagte Lichtbilder von Bademoden an. Der Kläger war der Auffassung, die Beklagte habe seine Fotografien unter Überschreitung der vertraglich eingeräumten Nutzunrechte und damit unbefugt verwendet. Er verlangte Schadenersatz, Auskunft, die Freistellung von Abmahnkosten und eine öffentliche Bekanntmachung des Urteils.

Landgericht bezifferte Streitwert für Urteilsbekanntmachung auf 500 Euro

Das Landgericht entschied, dass die Beklagte Lichtbilder von der Beklagten an Händler weitergab. Es legte den Streitwert in dem Verfahren auf 177.198 Euro fest. Für den Antrag auf Urteilsbekanntmachung nahm es einen Streitwert von 500 Euro an.

Beide Parteien gingen gegen das Landgerichtsurteil in Berufung. Daraufhin änderte das Berufungsgericht das Landgerichtsurteil teilweise ab. Es gestattete dem Kläger, das Urteil in Auszügen – Rubrum und Tenor, ein Teil des Sachberichts der Gründe und die Rechtsausführungen der Gründe – in einer Tageszeitung sowie in Fachmagazinen für die Textilwirtschaft zu veröffentlichen. Das Berufungsgericht errechnete erst einen Streitwert von 181.698 Euro, legte den Streitwert dann aber auf 181.397 Euro fest und schließlich auf 431.397 Euro. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Anzeigen in den Medien 250.000 Euro kosten und hatte den Streitwert um diesen Betrag erhöht.

Kosten der Veröffentlichung oder Unterlassungswert maßgeblich?

Die Beklagte erhob eine Nichtzulassungsbeschwerde, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte. Die Beklagte beantragte, den Streitwert auf 201.397 Euro festzusetzen. Sie war der Auffassung, der Streitwert für den Antrag auf Urteilsbekanntmachung sei mit einem Bruchteil des Unterlassungswerts anzusetzen, da sich die Klage sich in erster Linie  auf die Beseitigung der Wirkungen der Urheberrechtsverletzung richte. Der Streitwert der Urteilsbekanntmachung sei mit einem Zwanzigstel des Unterlassungsstreitwerts anzusetzen, da der Kläger an der Urteilsveröffentlichung aufgrund des Zeitablaufs kein besonderes Interesse mehr an dieser habe. Der Kläger vertat hingegen die Auffassung, dass auf die tatsächlichen Kosten der Urteilsveröffentlichung abzustellen sei.

BGH: Beseitigungsinteresse des Klägers entscheidend

Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass sich das nach § 3 der Zivilprozessordnung zu schätzende Interesse des Klägers an der Veröffentlichung des Urteils aus dessen „Interesse im eigentlichen Sinn“ und den Kosten der Veröffentlichung zusammensetze.

Diese Beurteilung des Berufungsgerichts halte einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand, entschied der BGH. Es sei nicht auf die Kosten der Urteilsveröffentlichung abzustellen, sondern auf das Beseitigungsinteresse des Klägers. Anders als bei urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen, deren Wert sich nach dem Interesse des Anspruchsstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße richtet, sei das Interesse bei der Befugnis zur Urteilsbekanntmachung auf die Beseitigung einer Beeinträchtigung gerichtet. Betroffene Urheber hätten ein schutzwürdiges Interesse daran, der Öffentlichkeit anzuzeigen, dass ihre Schöpfungen von anderen entstellt oder zu Unrecht ausgenutzt wurden.

BGH: 5.000 Euro Streitwert für Befugnis zur Urteilsbekanntmachung

Gemäß § 40 Gerichtskostengesetz sei für die Bemessung des Werts abzustellen auf den Zeitpunkt der Antragstellung, die den jeweiligen Streitgegenstand betrifft und den Rechtsweg einleitet. Ein Wert von 5.000 Euro für die Befugnis zur Urteilsbekanntmachung sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ermessensfehlerfrei, so der BGH. Dies gelte auch mit Blick auf den Vortrag des Klägers, wonach er ein großes Interesse an der Urteilsbekanntmachung habe, da hierdurch eine nicht monetäre Rehabilitation erfolge und es für die Öffentlichkeit von Interesse sei, dass er sich gegen einen „übermächtigen“ Auftraggeber durchgesetzt habe.

Die Entscheidung des BGH bringt mehr Klarheit für alle, die Urheberrechtsverletzung abwehren müssen und schützt diese vor überhöhten Streitwerten.

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