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Jetzt ist es amtlich: Werke werden durch Veröffentlichung von Behörde nicht gemeinfrei i.S.d. § 5 UrhG

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Können privat erstellte Werke "amtliche Werke" i.S.d. § 5 UrhG sein?
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Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat kürzlich zugunsten der klagenden Betreiberin eines Stadtplandienstes entschieden, deren Kartenausschnitt ungefragt von einer Verbandsgemeinde auf ihrer Webseite hochgeladen wurde. Der Unterlassungsklage wurde stattgegeben und das erstinstanzliche Urteil damit aufgehoben.

Kernfrage der Entscheidungen war dabei die Anwendbarkeit von § 5 UrhG: Während das Landgericht diese noch bejahte und damit vom Wegfall des Urheberrechtsschutzes ausging, war das OLG der Auffassung, die Vorschrift sei nicht anwendbar, da kein „amtliches Werk“ im Sinne der Vorschrift vorliege.

Veröffentlichung des Materials nur zur Lizenzierung angeboten

Der Stadtplandienst stellt auf seiner Homepage Kartenausschnitte von Stadtplänen und Landkarten zur Verfügung, die dessen Nutzer lediglich einsehen können. Möchte ein Nutzer hingegen Kartenausschnitte auf der eigenen Webseite verwenden, muss er bei dem Stadtplandienst eine entsprechende Lizenz entgeltlich erwerben.

Die rheinland-pfälzische Verbandsgemeinde stellte im Rahmen eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens auf einer von ihr betriebenen Webseite einen Kartenausschnitt des Dienstes ins Netz. An diesem Kartenausschnitt hält die Betreiberin des Stadtplandienstes jedoch die ausschließlichen Nutzungsrechte. Den Kartenausschnitt hatte die Behörde von dem Antragsteller einer Baugenehmigung erhalten. Sie stellte es zur Darlegung einer baurechtlichen atypischen Fallgestaltung online, um ihrer Pflicht aus dem § 4a Abs.4 BauGB nachzukommen.

Jedoch hatte die Behörde weder zuvor selbstständig um Einräumung der Lizenzrechte gebeten, noch nahm sie im Nachhinein das Angebot der Betreiberin des Stadtplandienstes – der Rechteinhaberin – an, einen Lizenzvertrag abzuschließen. Daraufhin erhob die Rechteinhaberin Unterlassungsklage beim Landgericht Frankenthal. Sie sei in ihrem urheberrechtlich geschützten Nutzungsrecht an dem Kartenausschnitt verletzt worden.

Behörde wollte Pflicht aus § 4a Abs. 4 BauGB nachkommen

Die Verbandsgemeinde argumentierte in erster Linie damit, sie sei aufgrund der Vorgaben zur Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung wegen § 4a Abs. 4 BauGB zur Veröffentlichung verpflichtet gewesen. Genauso sahen dies die Richter der ersten Instanz und gaben der Verbandsgemeinde Recht (LG Frankenthal, Urteil v. 6.3.2018, Az. 6 O 187/17). Insbesondere sei der Urheberrechtsschutz im Streitfall für die Betreiberin des Stadtplandienstes nach § 5 UrhG ausgeschlossen, da es sich bei dem streitgegenständlichen Kartenmaterial um ein „amtliches Werk“ im Sinne der Vorschrift gehandelt habe und ein solches hiernach nicht urheberrechtlich geschützt sei.

Das Oberlandesgericht als Berufungsinstanz war jedoch anderer Meinung und hob das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts auf (OLG Zweibrücken, Urteil v. 28.2.2019, Az. 4 U 37/18).

OLG: Es liegt kein „amtliches Werk“ i.S.d. § 5 UrhG vor

Der § 5 UrhG sei laut Oberlandesgericht hier nicht anwendbar. Zwar stelle die Vorschrift amtliche Werke urheberrechtsfrei, um einem öffentlichen Informationsinteresse zu genügen. Jedoch führe die gebotene enge Auslegung des Begriffs „amtliches Werk“ zu dem Ergebnis, dass ein solches hier nicht vorliege: Da es durch einen privaten Anbieter erstellt und zur Verfügung gestellt worden sei, sei es nicht von vornherein dazu bestimmt gewesen, hoheitlichen Zwecken zu dienen – dies sei jedoch Voraussetzung. Denn die Vorschrift erlaube es nicht, einem Werk den Urheberrechtsschutz nachträglich „abzuerkennen“, den es anfangs genoss.

Außerdem sei ein von der Gemeinde angeführtes allgemeines Publizitätsinteresse an der Karte nicht erkennbar. Es sei ohne weiteres möglich gewesen, den Kartenausschnitt – wenn auch entgeltlich – auf dem freien Markt zu beschaffen.

Die Revision wurde zugelassen

Entscheidet der Bundesgerichtshof nach der zugelassenen Revision zugunsten der Betreiber des Stadtplandienstes, können private Anbieter endgültig aufatmen: Behörden wären nicht in der Lage ein Werk nachträglich zu einem „amtlichen Werk“ zu machen und ihm damit den Urheberrechtsschutz zu nehmen. Das Urteil bleibt jedoch abzuwarten.

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