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Piraten mahnen die eigenen Mitglieder ab

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und ne Buddel voll RumDie Piratenpartei macht es sich nicht leicht. Wie SPON berichtet, sind die Umfragewerte inzwischen von 13 Prozent auf gerade mal 7 Prozent gesunken. Ein Trend, an dem die Partei selbst gewissenhaft mitarbeitet.

Abmahnung wegen der Atomkraft

Der stellvertretende Bundespressesprecher der Piratenpartei hat offenbar am 23.8.2012 eine atomfreundliche Arbeitsgruppe der Piratenpartei angeschrieben und sie aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, die Parteimitglieder somit ganz ordninär abgemahnt.

Die Gruppe, die sich „AG Nuklearia“ nennt und aus 20 Mitgliedern besteht, hatte einen Flyer entworfen, auf dem für eine „moderne und sichere Kernenergie“ geworben wurde. Im Kleingedruckten befand sich zwar der Hinweis, dass die Äußerungen der Gruppe nicht notwendigerweise der Mehrheitsmeinung der Piratenpartei Deutschland entsprächen. Diesen Hinweis erachtete aber der stellvertretende Bundespressesprecher der Piratenpartei für nicht ausreichend, um den angeblich irreführenden Eindruck des Flyers zu beseitigen. Denn auf dem Parteitag 2010 war ein Positionspapier mehrheitlich angenommen worden, das den Atomausstieg befürwortet.

Rechtlich und tatsächlich merkwürdig

Der Kollege Jens ferner weist in seinem Blog zu Recht darauf hin, dass die Rechtsgrundlage für das Vorgehen  im vorliegenden Fall bestenfalls zweifelhaft sein dürfte. Abgesehen davon, dass die Legitimation des stellvertretenden Bundespressesprechers zum Ausspruch einer Abmahnung im Namen der gesamten Partei nicht offensichtlich ist, steht ebenfalls nicht fest, ob die behauptete Irreführung über die Positionen der Piratenpartei von dem ersichtlich alleine von der oben genannten „AG Nuklearia“ verantworteten Flyer überhaupt vorliegt.

Jens Ferner teilt in seinem Blog in einem Update mit, dass die Piratenpartei offenbar zwischenzeitlich eingeräumt hat, dass die Berechtigung zur Abmahnung tatsächlich problematisch war und man nun beschlossen habe, dass Abmahnungen im Namen der Piratenpartei Deutschland rechtswirksam nur nach einem Beschluss des Bundesvorstands ausgesprochen werden können. Die Abmahnung sei als gegenstandslos zu betrachten.

Perfide Doppelmoral

Neben rechtlichen Problemen offenbart die Aktion nicht nur, wie ahnungslos und unbeholfen die Piraten in rechtlichen Fragen sind, auf die sie zum Beispiel im Urheberrecht die Antworten bereits parat haben. Das alleine wäre natürlich nicht schlimm. Jeder fängt einmal klein an. Das Entscheidende  ist meines Erachtens, dass der Vorfall die perfide Doppelmoral der Piraten offenbart.

Bei fremden Rechten ist man tolerant

Offiziell schmückt man sich zum Beispiel mit einem Ehrenkodex, dem zufolge blinder Gehorsam abgelehnt werde und Entscheidungsfreiheit erhalten bleibe. Darüber hinaus handeln Piraten nach dem Kodex angeblich immer fair und sind friedlich und tolerant. Auch gegen das vermeintliche „Abmahnunwesen“ kämpft man an vorderster Front. Wenn es um fremde Rechtspostionen – wie zum Beispiel das Urheberrecht – geht, ist man schnell dabei, anderen – wie zum Beispiel den Urhebern – zu erklären, warum das geltende Urheberrecht für sie nicht so gut ist und es ist deshalb dringend (zu Gunsten Dritter) modifiziert werden müsse.

Aber nicht, wenn man selbst betroffen ist

Ganz anders aber dann, wenn es um die vermeintlicher Verletzung der eigenen Rechtspositionen geht. Ist man selbst betroffen, ist sogar das ansonsten verteufelte Zwangsinstrument Abmahnung sogar ganz praktisch. Von Fairness, Rücksichtnahme und Toleranz ist dann nicht mehr viel zu spüren: Innerhalb von vier Tagen sollten die Abweichler der „AG Nuklearia“ dem Abmahnschreiben zufolge zurück ins Glied treten und eine mit einer in das Ermessen der Piratenpartei gestellte Vertragsstrafe bedrohte  Unterlassungserklärung abgeben. Disskussionsspielraum: Fehlanzeige. Nach fruchtlosem Fristablauf drohte man  eine „gerichtliche Unterlassungsverfügung“ an.

Aber wen wundert´s? Geschichte wiederholt sich eben: Die Revolution frisst ihre Piratenkinder. (la)

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