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OLG München: Aldi darf keinen „Champagner-Sorbet“ verkaufen

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Champagner genießt einen hervorragenden Ruf. Dies war wohl auch dem Lebensmitteldiscounter Aldi-Süd bekannt, als er sein Champagner enthaltenes Eis „Champagner-Sorbet“ im Jahre 2012 auf den Markt brachte.

Das Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne setze sich gegen diese Bezeichnung im Interesse der Champagner-Hersteller gerichtlich zu Wehr. Der Vorwurf: Die Produktbezeichnung verletze die europäisch geschützte Ursprungsbezeichnung „Champagne“.

Nach jahrelangem Rechtstreit, in dem der Bundesgerichtshof den Europäische Gerichtshof zur Vorabentscheidung anrief, gab das OLG München den Klägern nun Recht (OLG München, Urteil v. 01.07.2021, Az. 29 U 1698/14).

Was nicht nach Champagner schmeckt, darf nicht mit „Champagner“ bezeichnet werden.

„Champagner-Sorbet“ löst jahrelangen Rechtsstreit aus

Warum Sorbet anbieten, wenn man „Champagner-Sorbet“ veräußern kann? Es war wohl dieser Gedanke, der die Einzelhandelskette ALDI-Süd im Jahre 2012 dazu veranlasste, ihr Eis mit 12 Prozent enthaltenem Champagner „Champagner-Sorbet“ zu taufen.

Mit dem vehementen Widerstand der Champagner-Hersteller schien der Supermarkt damals nicht gerechnet zu haben. „Champagne“ ist eine EU-weit geschützte Ursprungsbezeichnung und qualifizierte geografische Herkunftsangabe. Es verwundert nicht, dass es bereits im Jahre 2014 zu einem Rechtstreit kam, der durch alle denkbaren Instanzen ging und nun im Jahre 2021 vor dem OLG München sein Ende nahm.

Champagner nicht geschmacksprägend

Fraglich war, ob eine Ursprungsbezeichnung Teil einer Produktbezeichnung sein darf. Der EuGH bejahte dies in einem Vorabentscheidungsverfahren. Erforderlich sei, dass die Zutat dem Produkt eine wesentliche Eigenschaft verleihe. Der Champagner müsse dessen Geschmack hervorrufen. Letzteres verneinten die Kläger. Das dominante Aroma sei Birne, „gefolgt von Zucker, Zitronensäure und einem Hauch Alkohol.“

Vor dem OLG München behielten die Champagner-Hersteller nun Recht. Entscheidend sei, dass das Sorbet nicht nach Champagner schmecke, so die Richter. Das Produkt wiese keinen hauptsächlich durch die Zutat Champagner hervorgerufen Geschmack auf. Über diesen Aspekt hatten die Parteien lange gestritten. Das Haltbarkeitsdatum war bereits 2014 abgelaufen. Eine Kostprobe war damit ausgeschlossen. Dass das Produkt tatsächlich Champagner enthielt, genügte nicht.

Aldi darf guten Ruf der Ursprungsbezeichnung nicht ausnutzen

Laut Urteil habe Aldi das Ansehen der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagner“ unberechtigt ausgenutzt. Dies werteten die Richter als Irreführung. Der BGH und der EuGH hatten sich bereits mit dem Fall auseinandergesetzt. Eine Revision ließ das Gericht daher nicht zu.

Urteil mit Signalwirkung?

Der Rechtsstreit zeigt, dass bei der Produktbezeichnung äußerste Vorsicht zu walten ist. Europäische Ursprungsbezeichnungen und geografische Herkunftsangaben existieren en masse. Nur wenn alle Schutzkriterien erfüllt sind, ist die Bezeichnung zulässig. Dies ist häufig nicht der Fall. Das Urteil könnte Signalwirkung haben.

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