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Alles Käse, aber nicht immer aus Zypern – Markenstreit geht weiter

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Halloumin Marke
Photo by Elisa Michelet on Unsplash

Wenn selbst die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ in der Ära globaler Apokalypse ein Markenrechtsthema aufgreift, dann muss es um etwas sehr wichtiges gehen. Voilà: Grillkäse. Genauer: „Halloumi“ – ein „halbfester Käse aus der Milch von Kühen, Schafen oder Ziegen, auch gemischt“ (Wikipedia).

Mag man die Milch verschiedener Tierarten auch nach Gusto zusammenschütten, beim dem, was dabei rauskommt, muss man ganz genau differenzieren können: Ist es der traditionelle zypriotische Käse – oder ist er es nicht?

Darum ging es nun in einem Markenstreit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 5.3.2020, Az.: C-766/18 P).

Es war einmal in Zypern

Das EuGH-Urteil hat eine lange Vorgeschichte. Die Grillkäse-Saga beginnt damit, dass die „Foundation for the Protection of the Traditional Cheese of Cyprus“  den landestypischen „Halloumi“ hat als Marke eintragen lassen, genauer: als Unionskollektivmarke. Eine Unionskollektivmarke ist eine besondere Unionsmarke, die bei ihrer Anmeldung als solche bezeichnet wird und dazu dienen kann, Waren und Dienstleistungen der Mitglieder des Verbands, der Markeninhaber ist, von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Man wähnte sich sicher auf Zypern und produzierte – mit Hilfe von Kühen, Schafen und/oder Ziegen – Grillkäse, damit auch die Vegetarier beim Sommerfest des Tennisclubs nicht leer ausgehen.

Plötzlich taucht ein Konkurrent auf

Jetzt begab es sich aber, dass man in Bulgarien feststellte, ebenfalls über Kühe, Schafe, Ziegen und Vegetarier zu verfügen. Ergo: Eigener Grillkäse, eigener Name („Bbqloumi“), eigene Marke. „Halloumi“, „Bbqloumi“ – kann man schon mal verwechseln, dachte daraufhin die „Foundation for the Protection of the Traditional Cheese of Cyprus“ und beschwerte sich beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO).

Als die Behörde den Widerspruch zurückwies, weil es keine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Herkunft der Waren sah, klagte die zypriotische „Halloumi“-Stiftung vor dem EU-Gericht. Die Richter sahen jedoch auch keine Verwechslungsgefahr, so dass der bulgarische Produzent seine Unionsmarke als Bildzeichen mit dem Wortbestandteil „Bbqloumi“ in erster Instanz bestätigt bekam (Urteil vom 25.9.2018, Az.: T-328/17). Zypern – Kummer mit ähnlich klingenden Namen (griechisch: Kypros, türkisch: Kıbrıs) und Rechtsansprüchen gewohnt – ließ nicht locker.

„Verwechslungsgefahr“: Ähnlichkeit der Marke, Ähnlichkeit der Ware

Und wurde vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg belohnt: Die Obersten Richter des Kontinents hoben den Spruch der Vorinstanz auf. Begründung: Es könne sehr wohl eine Verwechslungsgefahr bestehen, d.h. die Gefahr, dass die Verkehrskreise (nicht nur, aber auch die Vegetarier im Supermarkt) glauben könnten, die von der älteren Marke (aus Zypern) und die von der angemeldeten Marke (aus Bulgarien) erfassten Waren (Grillkäse) stammten alle von Mitgliedern des Verbands, der Inhaber der älteren Marke ist, also der „Foundation for the Protection of the Traditional Cheese of Cyprus“.

Das angefochtene EuG-Urteil zeige, so der EuGH in einer Pressemitteilung, dass „sich das Gericht auf die Prämisse gestützt habe, dass bei schwacher Unterscheidungskraft der älteren Marke das Bestehen von Verwechslungsgefahr auszuschließen sei, sobald sich erweise, dass die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken für sich genommen nicht den Nachweis einer solchen Gefahr ermögliche“. Diese Prämisse sei jedoch falsch, da die schwache Unterscheidungskraft einer älteren Marke das Vorliegen von Verwechslungsgefahr nicht ausschließe. 

Damit ist wiederum nicht gesagt, dass die EuGH-Richter meinen, die Verwechslungsgefahr bestehe tatsächlich. Die Kollegen des EuG, die im Ergebnis eine schwache Unterscheidungskraft der Kollektivmarke sahen, hätten diese Gefahr allerdings eingehender prüfen müssen und zwar unter der Fragestellung, „ob der geringe Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Marken durch den höheren Ähnlichkeitsgrad oder die Identität der mit ihnen gekennzeichneten Waren ausgeglichen werde“. Was der EuGH meint: Dass man Käse „A“ mit Käse „A’“ verwechselt, kommt in der Regel häufiger vor, als die Verwechslung von Käse „A“ mit Bremsbelägen „A’“. Damit kommt es nicht nur darauf an, ob Markennamen ähnlich klingen oder Markenzeichen ähnlich aussehen, sondern auch darauf, ob die Markenwaren ähnlich sind.

Ein langer Streit – geht weiter

Da die vom EuG vorgenommene Beurteilung dem Erfordernis einer umfassenden, der Wechselbeziehung zwischen den relevanten Faktoren Rechnung tragenden Beurteilung nicht genüge, habe das EuG einen Rechtsfehler begangen. Diesen auszubügeln, dazu haben die EuG-Richter jetzt die Gelegenheit: Der EuGH verwies den Fall zurück an das EuG. Dort geht der Streit um den Grillkäse nun weiter. Ausgang ungewiss.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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