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Social Media: Haftungsrisiken beim Teilen von fremden Inhalten

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Nutzer, die in sozialen Netzwerken fremde Bilder, Texte, Videos etc. teilen, gehen damit regelmäßig rechtliche Risiken ein – insbesondere, wenn es sich um rechtsverletzende Inhalte handelt.

Das voreilige Teilen dieser Inhalte kann durchaus weitgehende Folgen nach sich ziehen. Doch unter welchen Voraussetzungen trägt der Nutzer die Verantwortung für geteilte und verlinkte rechtswidrige Inhalte? Der folgende Beitrag zeigt, welche Haftungsrisiken damit im Einzelnen verbunden sein können und welche rechtlichen Besonderheiten es beim Teilen fremder Inhalte zu beachten gilt.

I. Teilen von persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten

Wenn man fremde Texte, Berichte, Postings etc. teilt, welche Persönlichkeitsrechte Dritter verletzen (z.B. Beleidigungen, Verleumdungen, falsche Tatsachenbehauptungen oder Schmähkritik), kann man unter bestimmten Voraussetzungen für den geteilten Inhalt haften.

Zurechenbarkeit über die Störer- und Verbreiterhaftung

Auch, wenn es sich nicht um einen eigenen Inhalt handelt, sondern um den eines Dritten, kann bei rechtsverletzender Wirkung der geteilten Inhalte ein Inhaber eines Social-Media-Accounts nach den Grundsätzen der Störerhaftung unter Umständen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Zwar schafft der Erstverbreiter eines Inhaltes erst die Gefahr der massenhaften Verbreitung, dennoch kann die Folgeveröffentlichung dem Drittverbreiter als eigene Handlung einer Rechtsverletzung zurechenbar sein (BGH, Urteil v. 9.04.2019, Az. VI ZR 89/18).

„Zu eigen machen“ fremder Inhalte

Das bloße Teilen eines rechtsverletzenden Inhalts stellt noch keine Verletzungshandlung dar. Dies hat das OLG Dresden mit Urteil vom 07.02.2017 klargestellt (LG Dresden, Urteil v. 07.02.2017, Az. 4 O 1419/16). Demnach handelt es sich um einen lediglich technischen Vorgang der Weiterverbreitung, die keinen eigenen Aussagegehalt hat.

Dies wäre erst dann anders zu beurteilen, wenn sich der Teilende den Inhalt „zu eigen macht“.  Das „Zu-Eigen-Machen“ fremder Äußerungen setzt voraus, dass die fremden Informationen in den eigenen Gedankengang eingefügt werden und die Beiträge so als eigene erscheinen. Erst wenn sich der Teilende mit dem Inhalt identifiziert, z.B. durch eine positive Kommentierung und Leseempfehlung, könne dem Teilenden das Verbreiten zugerechnet werden.

So sah das OLG Dresden bei einem derartigen Fall in der eindeutig unterstützenden Kommentierung und Leseempfehlung des Klägers einen Beleg dafür, dass sich der Kläger mit den in dem geteilten Beitrag enthaltenen Inhalten auseinandersetzte, mit seinen eigenen Positionen abglich und sich moralisch verpflichtet fühlte, diesen Artikel seinen Freunden im sozialen Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Eine wie auch immer geartete Distanz zu dem veröffentlichten Text sei nicht zu erkennen gewesen (OLG Dresden, Urteil v. 07.02.2017, Az. 4 U 1419/16). Mit dieser Begründung hatte auch das OLG Frankfurt mit Urteil vom 26.11.2015 ein „Zu-Eigen-Machen“ durch Teilen abgelehnt (OLG Frankfurt, Urteil v. 26.11.2015, Az. 16 O 64/15).

II. Teilen von urheberrechtlich geschützten Beiträgen (Bilder, Texte, Videos)

Aus urheberrechtlicher Perspektive ist eine zulässige Vervielfältigung von Inhalten durch Verlinken vom unzulässigen Kopieren zu unterscheiden. Wenn man bei sozialen Netzwerken urheberrechtlich geschütztes Material kopiert bzw. herunterlädt und eigenständig wieder auf dem eigenen Profil hochlädt und verbreitet, ohne die Einwilligung des Rechtsinhabers dafür zu haben, begeht man eine Urheberrechtsverletzung. Alleine durch die Bereitstellung eines Bildes im Netz liegt noch keine Einwilligung in die Kopie vor. Es genügt deshalb nicht, sich darauf zu berufen, dass die Aufnahme auf einer anderen Seite frei abrufbar ist.

Dies gilt auch dann, wenn man nicht wusste, dass das Posting z.B. Urheberrechte verletzte. Um eine Haftung zu vermeiden, sollte man sich bei der Veröffentlichung von fremden Inhalten vergewissern, dass Rechte Dritter nicht verletzt werden.

So entschied der BGH mit Urteil vom 10.01.2019, dass das Einstellen der Fotografie, die mit Erlaubnis des Fotografen auf einer Webseite frei zugänglich ist, auf eine andere Webseite einer neuen Zustimmung des Urhebers bedarf. Denn durch ein solches Einstellen werde die Fotografie einem neuen Publikum zugänglich gemacht. Ein auf der Webseite der Schule hochgeladenes Foto verletze somit das Urheberrecht des Fotografen, der die Aufnahme ursprünglich angefertigt hatte (BGH, Urteil v. 10.01.2019, Az. I ZR 267/15). Einzelheiten zum Fall und bisherigen Verfahrensgang finden sich hier:

III. Teilen von personenbezogenen Daten

Bei Aufnahmen, auf denen Personen erkennbar sind, handelt es sich um personenbezogene Daten im Verarbeitungsprozess eines Netzwerkes im Sinne der DSGVO. Handelt es sich um die Verbreitung personenbezogener Daten durch Teilen, kann deshalb auch eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit des Account-Inhabers angenommen werden.

Sollen fremde Inhalte mit Personenbezug geteilt werden, bedarf es hierzu einer Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Im Falle der sozialen Netzwerke dürfte Art.6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO einschlägig sein, welcher für die Datenverarbeitung ein sog. „berechtigtes Interesse“ des Verantwortlichen verlangt. Demnach ist der Teilende verpflichtet, im Einzelfall abzuwägen, ob seine Interessen zur Verbreitung des Personenfotos die Interessen der abgebildeten Personen überwiegen. Sollen z.B. fremde Aufnahmen oder Videos mit Personenbezug ohne Zustimmung des Abgebildeten zu Werbezwecken benutzt werden, dürften in der Regel die Rechte des Abgebildeten überwiegen (vgl. BGH, Urteil v. 01.10.2006, Az. VI ZR 206/95).

Fazit

Social Media-Plattformen sind kein rechtsfreier Raum. Bei der Übernahme fremder Inhalte sollte man sich deswegen bewusst machen, dass man für deren Rechtswidrigkeit haften kann. Wer fremde Inhalte ohne Einwilligung des Rechtsinhabers im Internet veröffentlicht, haftet unter Umständen auf Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz. Es besteht durchaus ein Risiko, dass der Verletzte den Weiterverbreiter im Rahmen der Störerhaftung in Anspruch nimmt und abmahnt. Daher sollte man keine rechtlich zweifelhaften Inhalte übernehmen und fremde Inhalte stets als solche kennzeichnen.

Vor allem im kommerziellen Bereich sollte man besonders vorsichtig sein, z.B. bei der Nutzung zu eigenen Werbezwecken. Das Problembewusstsein für mögliche Rechtsverletzungen beim Teilen im Netz ist unabdingbar für ein erfolgreiches Social Media Marketing und eine vertrauensvolle Beziehung zu den eigenen Kunden.

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