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Bundestag will Veröffentlichung von Korruptionsgutachen verhindern

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Netzpolitik.org berichtete gestern, dass der Deutscher Bundestag die Betreiber augefordert hat, das Gutachten zur Abgeordnetenkorruption offline zu nehmen.

Vor zwei Wochen wurde dort über das Gutachten zur Abgeordnetenkorruption berichtet, dass der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestag vor vier Jahren erstellt hatte. Da das Gutachten mit Verweis auf das Urheberrecht geheim gehalten und nicht vom Bundestag veröffentlicht wird, hatte netzpolitk.org es veröffentlicht, um allen die Chance zu geben, sich aus der Originalquelle über das Thema zu informieren.

Bundestag mahnt netzpolitik.org ab

Die Seite erhielt jetzt eine Art Abmahnung vom Deutschen Bundestag, in der gefordert wird, das Gutachten „unverzüglich“ zu löschen, da es ohne Zustimmung veröffentlicht worden sei. Eine Begründung wird für das Verlangen nicht gegeben. Insbesondere findet sich in diesem Schreiben nichts von einem angeblich verletzten Urheberrecht. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass öffentliche Stellen versuchen, über das Urheberrechts sensible oder unangenehme Dokumente unter Verschluss zu halten. So geschah es bespielsweise in Bezug auf heikle Dokumente der Stadt Duisburg, die sich mit dem schrecklichen Unfall mit zahlreichen Todesopfern befassten. Diesbzeüglich erließ das Landgericht Köln sogar eine urhebrrechtliche Verbotsverfügung.

Informationsunterdrückung mittels Urheberrecht?

Grundsätzlich ist das Urheberrecht ein strenges Recht, das seinen Inhaber konsequent und umfassend schützt. Interessant wird es aber dann, wenn das Werk im Namen der Öffentlichkeit geschaffen wird. Dieser Situation trägt zum Beispiel der § 5 UrhG Rechnung, wonach Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen keine urheberrechtlichen Schutz genießen, auch wenn diese natürlich mit dem Verfasser auch einen Urheber haben. Das Gutachten düfte darunter allerdings nicht fallen.

Vorstellbar wäre es allerdings aus dem Grundsatz der Sozialbindung des Eigentums, hier des geistigen, eine Verpflichtung des Urhebers abzuleiten, die Veröffentlichung des Werks dann hinzunehmen, wenn es in öffentlichem Auftrag erstellt wurde und daran ein öffentliches Interesse besteht. Nach herrschender Meinung kann man das Urheberrecht aber nicht gegen die Meinungs- und Pressefreiheit abwägen, weil der Gesetzgeber eine solche Abwägung im Urheberrecht selbst ja mit der Einführung verschiedener Schranken, die den Geltungsbereich des Urheberrechts beschränken, vorgenommen hat. Herr Hoeren vertirtt in einem lesenswerten Interview allerdings die Auffassung, dass dies dann anders zu beurteilen sei, wenn das Urheberrecht gezielt zweckfremd zur Informationsunterdrückung eingesetzt werde. Der Gesetzgeber müsse hier tätig werden.

Nach momenten geltendem Recht würde ein Rechtsstreit wahrscheinlich zugusnten des Urheberrechts ausgehen. Wir sind gespannt, wie diese Sache weitergeht. (la)

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