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EU-Markenrecht: Hörzeichen mit Zischen einer Dose nicht schutzfähig

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Markenschutz Zischen Dose
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Man kennt es aus der Werbung – das zischende Geräusch einer Dose mit Erfrischungsgetränk darin. Doch ist so etwas auch markenrechtlich schutzfähig, wenn es in einer Art Klingelton enthalten ist?

Nein, hat jetzt das Gericht erster Instanz der Europäischen Union entschieden (Gericht der Europäischen Union, Urteil v. 7.7.2021, Az. T‑668/19). Wegen fehlender Unterscheidbarkeit sei eine Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen.

Im vorliegenden Fall ging es um ein Hörzeichen. Es beinhaltet die Abfolge des Klangs des Öffnens einer Getränkedose, etwa eine Sekunde ohne Geräusch, gefolgt vom Klang eines Prickelns von Perlen von etwa neun Sekunden. Die Marke wurde für die vier Klassen 9, 16, 38 und 41 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) angemeldet. Zu den Waren und Dienstleistungen dieser Nizza-Klassen zählen CDs und Smartphones ebenso wie Schreibwaren, die Ausstrahlung von Fernsehsendungen sowie Unterhaltungsdienstleistungen.

Alltägliche Notenfolge nicht eintragungsfähig

Das EUIPO lehnte eine Eintragung des angemeldeten Hörzeichens als Unionsmarke ab. Auf eine Beschwerde der Antragstellerin hin entschied eine EUIPO-Beschwerdekammer, dass die Anmeldemarke aus der Wiederholung eines Tons bestehe, der einem Klingelton ähnele. Das EUIPO sprach der Notenfolge die erforderliche Eignung, um bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine bestimmte Form der Aufmerksamkeit hervorzurufen und dadurch die Funktion der Hörmarke zu erfüllen, ab. Dies wurde mit der „außergewöhnlichen Einfachheit“ und „Alltäglichkeit“ dieser Notenfolge begründet.

Klägerin aus dem Rheinland

Die Klägerin war der Ansicht, dass für Hörmarken bei der Prüfung ihrer Unterscheidungskraft dieselben Kriterien wie für Wort- oder Bildmarken gelten müssten. Die Kürze der angemeldeten Hörmarke könne ihr nicht die Unterscheidungskraft nehmen. Die Hörmarke zeichne sie sich durch eine Notenfolge aus, die zur Wiederholung eines bestimmten Tons führe, der anlässlich seiner Wiederholung länger ausfalle, wodurch der Verbraucher die Marke einfacher erkennen und im Gedächtnis behalten könne. Die Antragstellerin, die Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG mit Sitz in Bonn, ging daraufhin vor Gericht. Sie begehrte die auf Aufhebung der Entscheidung der EUIPO-Beschwerdekammer.

Fehlende Unterscheidungskraft

Nach Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b der EU-Verordnung 2017/1001 sind nur Marken eintragungsfähig, die ausreichende Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskraft bedeutet dabei, dass die Marke geeignet sein muss, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Aus der Rechtsprechung ergibt sich, so das EU-Gericht, dass ein Hörzeichen, für das eine Eintragung begehrt wird, über eine gewisse Resonanz verfügen muss. Anhand dieser müssten angesprochene Verbraucher es erkennen und es als Marke auffassen. Der angesprochene Verbraucher müsse das Hörzeichen somit dahin verstehen, dass es eine Möglichkeit zur Identifizierung bietet, weil es als Marke erkennbar ist.

Das EU-Gericht kam zu dem Ergebnis, dass bei der Hörmarke eine Aufzeichnung von Musiknoten in einem Notensystem vorliege, in dem auch der Notenschlüssel, Pausen und Vorzeichen angegeben seien. Dies stelle eine „grafische Darstellung“ im Sinne von Artikel 4 der Verordnung Nr. 207/2009 dar. Dieser sei so auszulegen, dass Klänge markenfähig sind, wenn sie sich zudem grafisch darstellen lassen.

Fehlende Identifikationsfunktion des Hörzeichens

Doch urteilte das EU-Gericht: Ein Hörzeichen, das nicht mehr als die einfache, alltägliche Zusammensetzung von Noten, aus denen es gebildet ist, zum Ausdruck bringen könne, ermögliche es angesprochenen Verbrauchern nicht, „es in seiner Funktion zur Identifikation der fraglichen Waren und Dienstleistungen zu begreifen, weil es nur auf sich selbst und auf nichts anderes“ verweise. Es sei nicht geeignet, bei dem angesprochenen Verbraucher eine bestimmte Form der Aufmerksamkeit hervorzurufen, die es ihm ermöglichen würde, die Identifikationsfunktion des Hörzeichens Zeichens zu erfassen.

Ein Hörzeichen, das äußerst einfach sei und sich auf die bloße Wiederholung zweier identischer Noten beschränke, vermöge keine Aussage vermitteln, an die sich die Verbraucher erinnern können. Deshalb könnten Verbraucher ein solches Hörzeichen „nicht als eine Marke ansehen“, sofern es nicht Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt hat.

Einfacher Klingelton erlaubt keine Wiederkennung

Eine Marke müsse den angesprochenen Verkehrskreisen ermöglichen, sie als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wiederzuerkennen. Die zur Anmeldung gebrachte Marke erfülle diese Voraussetzung nicht. Die Verkehrskreise wären, so das Gericht, nicht in der Lage, den Klingelton als Hinweis auf die Herkunft der von der Klägerin stammenden Waren und Dienstleistungen wiederzuerkennen.

Das EU-Gericht entschied auch, dass die zur Anmeldung gebrachte Marke „einem ‚Standard‘-Klingelton gleichgehalten werden“ könne, über den viele elektronische Geräte verfügte. Damit ist nun wohl ausgeschlossen, dass einfache Jingles und Smartphone-Klingeltöne markenrechtlich schutzfähig werden.

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