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OLG München: Bild-online darf Gabriele Pauli doch nicht als „durchgeknallte Frau“ bezeichnen

Frau Gabriele Pauli ist vielen bekannt, nicht in erster Linie wegen ihres Politikeramtes – sie war Fürther Landrätin und CSU-Politikerin – sondern wegen ihres Aufrufes zum Sturz von Edmund Stoiber im Jahr 2006. Anschließend war Frau Pauli häufig in den Medien vertreten, und zwar auch nicht immer wegen Ausübung ihres politischen Amtes – sondern häufig in der Boulevardpresse.

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Bei dem nun vor dem Oberlandesgericht München entschiedenen Rechtsstreit (OLG München, Urteil vom 13.05.2014, Az. 18 U 2334/12) ging es, wie das Onlineportal Juraforum berichtet, um einen Kommentar des Bild-Journalisten Franz Josef Wagner bei bild-online.de, der wie folgt lautet:

„Liebe Latex-Landrätin, im goldenen Minikleid (ohne Höschen, weil es unfotogen durchdrückt) begraben Sie ihre Karriere in der „Park Avenue“. Der Journalist sah in den Fotos „Domina-Posen“ „mit Latex-Handschuhen und gespreizten Beinen“. Es handele sich um „klassische Pornografie“.

Der entscheidende Kommentar folgte dann wie folgt:

„Ich sage es Ihnen: Sie sind die frustrierteste Frau, die ich kenne. Ihre Hormone sind dermaßen durcheinander, dass Sie nicht mehr wissen, was wer was ist. Liebe, Sehnsucht, Orgasmus, Feminismus, Vernunft. Sie sind eine durchgeknallte Frau, aber schieben Sie Ihren Zustand nicht auf uns Männer.“

Diese Berichterstattung wollte Frau Pauli nicht hinnehmen und klagte daher auf Unterlassung und Schadensersatz wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Zunächst entschied das Oberlandesgericht München im Jahr 2012, dass diese Äußerungen noch von der Meinungsfreiheit gedeckt seien und Frau Pauli diese somit hinnehmen müsse. Eine Ehrverletzung sah das OLG München damals nicht. Im Anschluss an diese Entscheidung legte Frau Pauli Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 194/13) ein. Dieses urteilte, dass diese Bild-Berichterstattung sehr wohl eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstelle. Die Bezeichnung als „durchgeknallte Frau“ sei im Zusammenhang mit dem dazugehörigen Absatz ehrverletzend. Die Grenzen der Meinungsfreiheit seien hier überschritten worden. Weitere Punkte der Verfassungsbeschwerde von Frau Pauli, die Forderung einer Geldentschädigung und die Unterlassung weiterer Äußerungen blieben erfolglos. Daraufhin hat das OLG München einen 180-Grad-Schwenk vollzogen und die Berichterstattung nun doch wegen Ehrverletzung verboten.

Das Bundesverfassungsgericht, und schließlich auch das OLG München, haben mit dieser Entscheidung der Pressefreiheit eine Schranke gesetzt, nämlich dann wenn in den „Intimbereich“ eingegriffen werde und der Betroffene dadurch verächtlich gemacht wird.  Entscheidend war in diesem Fall der Kontext der Äußerung „durchgeknallte Frau“. Hier wurde, so das Bundesverfassungsgericht, bewusst über das Intimleben der Frau Pauli spekuliert. Es bleibt also grundsätzlich bei dem Spagat zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechtsverletzung  dabei, dass es bei jeder Polemik gegen Personen des öffentlichen Lebens immer auf den konkreten Einzelfall ankommt. (pi)

(Bild: © thinglass – Fotolia.com)

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