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OLG Köln: Das Urheberrecht geht der Meinungs- und Pressefreiheit grundsätzlich vor, auch bei für die Öffentlichkeit interessanter Berichterstattung über staatliche Vorgänge

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Mysterious man waiting in the fogZu den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen die Betreiber des Blogs netzpolitk.org ist bereits viel Interessantes, Richtiges und auch Falsches geschrieben worden. Insbesondere, da Fragen aus dem Strafrecht nicht unsere Spezialgebiete betreffen, wollen wir der umfangreichen Berichterstattung auch nichts hinzufügen.

Zum Thema passt allerdings die folgende Entscheidung, in der es ebenfalls um „geleakte“ Dokumente und die Frage der – urheberrechtlichen – Zulässigkeit von deren Veröffentlichung geht.

Thomas Stadler weist aktuell auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln hin (OLG Köln, Urteil v. 12.6.2015, Az. 6 U 5/15), die ein Urteil des Landgericht Köln bestätigt, wonach der WAZ-Gruppe untersagt wird, militärische Lageberichte der Bundeswehr („Afghanistan Papiere“) im Internet zu veröffentlichen. Damit werde das Urheberrecht der Verfasser verletzt.

Die Beklagte hatte sich unter Bezugnahme auf die Auffassung Hoeren/Herring aus dem Aufsatz „Urheberrechtsverletzung durch WikiLeaks? Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit vs. Urheberinteressen“ (MMR 2011, 143) hauptsächlich mit dem Argument verteidigt, dass auch im Urheberrecht die entgegenstehenden Interessen ausnahmsweise miteinander abgewogen werden müssen, wenn das Urheberrecht als Handhabe gegen die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente eingesetzt werde. Dazu sei eine weite Auslegung der Schrankenbestimmungen notwendig und insbesondere eine Ausweitung des § 51 UrhG im Informationsinteresse der Allgemeinheit, das im Streitfall einem nur behaupteten Geheimhaltungsinteresse und sonstigen Verwertungsinteressen der Klägerin vorgehe. Ein lesenswertes Interview mit Herrn Prof. Hoeren dazu findet sich hier.

Im Jahre 2013 hatte der Europäische Gerichtshof Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) dies noch anders gesehen und in seiner Entscheidung vom 10.01.2013 – Az. 36769/08 – betont, dass zwischen Meinungs- und Pressefreiheit bestehe eine Wechselwirkung bestehe, welche im Wege einer einzelfallbezogenen Abwägung der jeweils betroffenen Interessen unbedingt zu berücksichtigen sei. Dabei sei der grundlegenden Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit im Rahmen einer demokratischen Grundordnung besonders Rechnung zu tragen.

Dem folgten weder Landgericht noch Oberlandesgericht. Neben der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Vorschriften bedürfe es keiner gesonderten Grundrechtsabwägung. Die Abwägung habe vielmehr im Rahmen der Auslegung und Anwendung der Schrankenregelungen §§ 50, 51 UrhG zu erfolgen.

Das Oberlandesgericht Köln betont für den konkreten Fall, dass die Interessenlage es nicht rechtfertige, Dokumente ungekürzt zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung einzelner Auszüge aus den Dokumenten reiche aus, um die Sichtweise der Klägerin auf die von ihr in den Berichten behandelten Nationen und die Lage im jeweiligen Land wiederzugeben. (la)

(Bild: © stokkete – Fotolia.com)

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