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Bezeichnung „Neuschwanstein“ gehört weiterhin dem Freistaat Bayern

Neuschwanstein Unionsmarke EuGH
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Das Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum (kurz EUIPO) hat bereits im Jahre 2011 das Wortzeichen „Neuschwanstein“ zugunsten des Freistaats Bayern als sogenannte Unionsmarke eingetragen.

Sehr zum Ärger vorwiegend lokaler Vertreiber von Souvenirartikeln dürfen diese als Folge der Eintragung ihre Produkte nicht ohne Genehmigung unter dem Namen „Neuschwanstein“ an den Touristen bringen. Der Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise e.V. (BSGE) erhob nach inzwischen siebenjährigem Streit Klage vor dem europäischen Gerichtshof, die er nun verlor.

„Neuschwanstein“ keine Herkunftsbezeichnung?

Eine Unionsmarke dient – ähnlich einer nationalen Marke – dem Zweck, bestimmte Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen eines Konkurrenten zu unterscheiden. Der Rechtsinhaber einer solchen europaweiten Marke erlangt dabei den Schutz des eingetragenen Wortzeichens auf dem gesamten Binnenmarkt der EU. Hinsichtlich des Namens „Neuschwanstein“ wurden dem Freistaat durch das EUIPO die ausschließlichen Nutzungsrechte als Unionsmarke für diverse Waren und Dienstleistungen im Wege der Eintragung zugesprochen, darunter bestimmte Lebensmittel, Glas- und Lederwaren sowie Bekleidung.

Eben diese Eintragung ist dem BSGE bereits seit Jahren ein Dorn im Auge. Der Verein erhob schließlich Klage vor dem europäischen Gerichtshof mit dem Argument, dass es sich bei der Bezeichnung „Neuschwanstein“ um eine geografische Herkunftsbezeichnung handele. Solche sind grundsätzlich nicht markenrechtlich schutzfähig, können also nicht zum wirtschaftlichen Vorteil Einzelner eingetragen werden. Klassischerweise handelt es sich hier um Namen von Orten, Gegenden oder Gebieten, die die geografische Herkunft von Waren oder Dienstleistungen bezeichnen und so weiter beschreiben. Als bekannte Beispiele können hier „Nürnberger Lebkuchen“ oder „Südtiroler Äpfel“ genannt werden.

„Neuschwanstein“ beschreibt keine Eigenschaften von Waren

Der Auffassung des BSGE schloss sich der europäische Gerichtshof im Ergebnis jedoch nicht an (EuGH, Urteil v. 6.9.2018, Az. C-488/16 P). Die Richter bestätigten insofern die Ausführungen der Vorinstanz. Zwar könne das bayerische Schloss „geografisch lokalisiert, aber nicht als geografischer Ort angesehen werden“. „Neuschwanstein“ stehe insofern nicht als Bezeichnung einer Region, die besonders bekannt für ihre Souvenirs ist. Vielmehr stehe hier das Schloss als Sehenswürdigkeit und historisches Bauwerk im Vordergrund. Insofern beschreibe der Name die Eigenschaften oder Beschaffenheit bestimmter Waren nicht weiter.

Im Zuge des Rechtsstreits zweifelte die BSGE auch die markenrechtliche Unterscheidungskraft der Bezeichnung „Neuschwanstein“ an. Der EuGH trat auch diesem Vorbringen nicht bei. Der „neue Stein des Schwans“ sei hinreichend geeignet, sich von den Produkten anderer Unternehmen abzugrenzen.

Die Entscheidung aus Luxemburg fällt anders aus, als ein zuvor vom Bundesgerichtshof ergangenes Urteil. Die Richter in Karlsruhe hatten sechs Jahre zuvor die markenrechtliche Eintragungsfähigkeit der Bezeichnung „Neuschwanstein“ mangels Unterscheidungskraft in Bezug auf Souvenirartikel verneint. So würden Verbraucher den Namen im Zusammenhang mit Souvenirartikeln lediglich als Bezeichnung des Märchenschlosses sehen, nicht aber als die Produkte weiter beschreibendes Element (BGH, Beschluss v. 8.3.2012, Az. I ZB 13/11).

In seiner Begründung legte der europäische Gerichtshof übrigens dar, die Entscheidung des BGH nicht berücksichtigen zu müssen. Das Unionsmarkenrecht stelle insofern ein autonomes System dar, das von den deutschen Regelungen zum Markenschutz unabhängig sei.

Fazit

Der Freistaat Bayern dürfte mit dem Ergebnis zufrieden sein, stehen diesem nun nach wie vor alle Rechte zur wirtschaftlichen Verwertung der Bezeichnung „Neuschwanstein“ zu. Die Auffassung aus Luxemburg, „Neuschwanstein“ repräsentiere keine für eine bestimmte Ware typische Gegend und entfalte auch genug Unterscheidungskraft gegenüber anderen Erzeugnissen, dürfte richtig sein. Insofern unterscheidet sich „Neuschwanstein“ von Herkunftsbezeichnungen wie „Champagner“ oder „Emmentaler“.

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