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Fernsehmoderator wieder im Gerichtssaal – und täglich grüßt das Murmeltier

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groundhog dayVielleicht erinnern sich einige von unseren Lesern noch an die Komödie aus den 90ern, bei der ein Wettermoderator ein und denselben Tag immer wieder erleben muss. Das Murmeltier spielt in dem Film die Rolle eines Wetterboten, welcher traditionell am 02. Februar jeden Jahres aus seinem Bau gelockt werden soll. Sieht das Tier seinen Schatten, dann dauert der Winter noch sechs Wochen.

Als ob man ein und denselben Tag immer wieder erleben muss, so ähnlich muss es einem gewissen Fernsehmoderator und Journalisten vorkommen, der in drei Instanzen vor Gericht stand. Es gab nur kein Murmeltier, welches den Ausgang des Prozesses hätte vorhersagen können.

Das Gerichtsverfahren

Zunächst wurde gegen den Fernsehmoderator ein Strafverfahren wegen des Vorwurfs der schweren Vergewaltigung und der gefährlichen Körperverletzung geführt, welches mit einem Freispruch endete. Danach wehrte sich der Fernsehmoderator in mehreren Gerichtsverfahren gegen die damalige Berichterstattung.

Im hiesigen Verfahren klagte er auf Unterlassung einer ihn betreffenden Online-Berichterstattung auf dem von der Beklagten betriebenen Internetportal „www.bild.de“. Diese fand zu der Zeit statt, als das Strafverfahren gegen ihn geführt wurde. Der streitgegenständliche Bericht war am 13.06.2010 auf der Internetseite der Beklagten abrufbar. Der Titel des Berichts lautete: „Magazin „Focus“ veröffentlicht intime Details – Der K….-Krimi: Neue Indizien aus der Tatnacht“.

Die Informationen für diesen Bericht ergaben sich aus dem haftrichterlichen Vernehmungsprotokoll, welches erst rund drei Monate nach der Berichterstattung in der öffentlichen Hauptverhandlung verlesen wurde.

Das Landgericht Köln  verurteilte die Beklagte antragsgemäß, es zu unterlassen die beanstandeten Äußerungen, aus denen sich Rückschlüsse auf die sexuellen Neigungen des Klägers ergaben, zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten (LG Köln, Urteil v. 22.06.2011, Az. 28 O 956/10). Die Berufung der Beklagten wurde vom Oberlandesgericht Köln zurückgewiesen (OLG Köln, Urteil v. 14.02.2012, Az. 15 U 123/11).

Der Ausgang der Unterlassungsklage

Der BGH wies nun die Unterlassungsklage ab (BGH, Urteil v. 19.03.2013, Az. VI ZR 93/12).

Klagt jemand auf Unterlassung der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts, so ergibt sich der Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB analog i.V.m. Art. 2 I, 1 I GG. Der Anspruch setzt unter anderem die Verletzung des Persönlichkeitsrechts voraus und die Wiederholungsgefahr hinsichtlich dieser Verletzung. Die Wiederholungsgefahr wird in vielen Fällen damit bejaht, dass das Persönlichkeitsrecht bereits einmal verletzt wurde.

Der BGH urteilte, dass die Berichterstattung bis zur Verlesung des Vernehmungsprotokolls in der Hauptverhandlung unzulässig war. Unmittelbar nach der Verlesung sei die aktuelle Berichterstattung zulässig gewesen. Das heißt, die zunächst unzulässige Berichterstattung wurde zulässig. Zu diesem Zeitpunkt lag dann weder die Rechtsverletzung noch die daraus ableitbare Wiederholungsgefahr vor.

Nach der Ansicht des BGH wäre die Berichterstattung in dieser Form heutzutage aufgrund der Unschuldsvermutung, welche aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) i.V.m. Art. 6 Abs. 2 der europäischen Menschenrechtskonvention abgeleitet wird, rechtswidrig. Demnach würde der Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn sich die Berichterstattung heutzutage wiederholen würde.

Die zweite Voraussetzung, die Wiederholunggefahr sei nach Ansicht des BGH nicht nachträglich entstanden. Denn Umstände dafür, dass die Beklagte eine erneute Veröffentlichung in dieser Form vornehmen könnte, seien nicht ersichtlich.

Fazit

Betrachtet man den Umstand, dass der BGH in der dritten Instanz entschied und sich somit drei Gerichte mit der gleichen Frage der verletzenden Berichterstattung am 13.06.2010 befassen mussten, erkennt man die sich wiederholende Zeitschleife, in der sich der Kläger ähnlich wie der Wettermoderator im oben genannten Film befand.

Andererseits ist es aber auch interessant zu sehen, wie der Zeitverlauf das Urteil des BGH beeinflusst hat. Die Berichterstattung am 13.06.2010 war zunächst unzulässig, wurde aber kurz nach der Protokollverlesung zulässig. Die heutige Berichterstattung wäre wieder unzulässig. Die Wiederholungsgefahr ist fast drei Jahre nach der Berichterstattung nicht mehr gegeben. Vielleicht gab es einen Zeitpunkt, in dem der BGH das Vorliegen beider Voraussetzungen (Persönlichkeitsrechtsverletzung und Wiederholungsgefahr) bejaht hätte. Ich möchte mich an dieser Stelle mal in die Rolle des Murmeltiers begeben und prophezeien, dass dieser Zeitpunkt unmittelbar nach dem Freispruch hätte liegen können. Denn spätestens da bestand die Unschuldsvermutung und das Thema war in den Medien noch so brisant, dass sich ein Bericht in der Form hätte wiederholen können. Im Presserecht scheint die Zeit manchmal gegen einen zu arbeiten.(jr)

(Bild: © artspace – Fotolia.com)

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