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Wo Licht ist, kann auch Schatten sein: Ist die unerlaubte Verwendung von Porträts Prominenter zu Werbezwecken erlaubt?

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Porträt Prominenter Werbung
© atik – fotolia.com

Die unerlaubte Verwendung von Persönlichkeitsmerkmalen Prominenter taucht in der Werbung immer wieder auf. Insbesondere die Verwendung Fotos, welche Prominente zeigen, erfreut sich nicht nur großer Aufmerksamkeit durch das angesprochene Publikum. Das OLG Dresden hatte sich in einem aktuellen Fall mit der Frage zu beschäftigen, ob die Werbung der hauptsächlich in der Autovermietung tätigen „Sixt SE“ mit dem Porträt des Bundesvorsitzenden der GDL, Claus Weselsky, die Grenzen der Zulässigkeit überschritt.

Der Mitarbeiter des Monats

Im Zuge der Lokführerstreiks in den Jahren 2014 und 2015 bediente sich die unter anderem in der Autovermietung tätige „Sixt SE“ einer beliebten Marketing-Masche. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, wurde als Gesicht für eine Kampagne verwendet, die angesichts anhaltender Streiks und damit verbundene flächendeckende Ausfälle des öffentlichen Verkehrs Kunden zum Umstieg von der Schiene auf einen Mietwagen animieren sollte.

Dabei wurden Anzeigen mit dem Foto Weselskys und der Bildunterschrift „Unser Mitarbeiter des Monats“ publiziert. Da er diese Werbung als rechtswidrig erachtete, erhob Weselsky Klage und forderte die Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr. Das Landgericht Leipzig wies die Klage ab, in zweiter Instanz hatte das OLG Dresden über die Sache zu entscheiden.

Der satirische Kontext als rechtliche Legitimierung

Das OLG Dresden (OLG Dresden, Urteil v. 21.8.2018, Az. 4 U 1822/18) bestätigte das Urteil des Landgerichts Leipzig und wies die Klage ab. Die Veröffentlichung des Bilds habe im konkreten Fall keiner Einwilligung bedurft, weiter liege auch keine Namensrechtsverletzung vor, so das Gericht. Der von der Werbung angesprochene Adressatenkreis habe die Abbildung des Bilds in Verbindung mit der Bildunterschrift „Unser Mitarbeiter des Monats“ in dem beabsichtigten, satirischen Kontext wahrgenommen. Deshalb sei der Werbewert Weselskys nicht ausschließlich für kommerzielle Zwecke vereinnahmt worden.

Die flächendeckende und zum Teil großformatige Abbildung des Porträts Weselskys verletzte nicht dessen berechtigte Interessen, da die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsfreiheit der Sixt SE zugunsten Letzterer ausfalle. Entscheidend hierfür sei der wertendende, meinungsbildende Charakter der Werbung. Der offensichtliche satirische Bezug zu den der Öffentlichkeit bekannten Umstände des Bahnstreiks sei nicht in einer den Kläger herabwürdigenden Weise erfolgt. Da Weselsky eine Person des öffentlichen Lebens sei, müsse er bei überwiegendem öffentlichen Informationsinteresse auch die Verwendung seines Abbilds in der Werbung dulden, so das OLG.

Das zweischneidige Schwert des Prominentenstatus

Aus der Rechtsprechung lässt sich erkennen, dass das kommerzielle Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild von Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, nicht nur ihnen selbst, sondern auch in gewisser Weise der Allgemeinheit zusteht. Die Sixt SE ist im Zusammenhang mit der Werbung prominenter Gesichter nicht zum ersten Mal aufgefallen. Bereits 2006 ging Oskar Lafontaine bis zum BGH wegen der unerlaubten Verwendung seines Abbilds, blieb jedoch erfolglos. Auch vor geschmacklosen Marketingaktionen machte Sixt nicht Halt, wie der tragische Fall des Gustl Mollath zeigte.

Verliert Schutz von Individualinteressen an Gewicht?

Während das Abbild einer Person grundsätzlich zum Ausdruck ihrer Persönlichkeit zählt, stellt es für in der Öffentlichkeit stehende Personen außerdem oft ein wertvolles Wirtschaftsgut dar, welches sehr gerne monetarisiert wird. Sofern die Selbstvermarktung aus eigenem Antrieb heraus erfolgt, ergeben sich keine Probleme. Sobald jedoch der Werbewert eines Prominenten ohne dessen Zustimmung von findigen Marketingexperten entsprechend kommerziell verwertet wird, wird das Erfordernis einer interessengerechten Beurteilung auf den Plan gerufen.

Oft wird der Grundsatz angeführt, dass in der Öffentlichkeit stehende Personen, die diesen Umstand auch entsprechend wirtschaftlich „ausschlachten“, die damit einhergehenden Schattenseiten in gewissen Grenzen hinzunehmen haben. Die Grenzen dieser unfreiwilligen Vermarktung finden sich jeweils in der Abwägung der widerstreitenden Interessen in Form des Persönlichkeitsrechts im Verhältnis zur Meinungsfreiheit.

Der Persönlichkeitsrechtsschutz musste in der Vergangenheit in Fällen, in denen die Werbung mit Elementen der Meinungs-, Presse- oder Kunstfreiheit angereichert wurde, oft hinter die Allgemeininteressen zurücktreten. Es steht deshalb die nicht zu unterschätzende Gefahr im Raum, dass durch die „Anreicherung“ mit durch die Meinungs-, Presse- oder Kunstfreiheit geschützte Inhalte ein Zustand geschaffen wird, welcher praktisch jede Verwendung von Persönlichkeitsmerkmalen Prominenter billigt. Ob der Schutz der Individualinteressen durch einen solchen „Trick“ hinter kommerziell motivierte Allgemeininteressen zurücktreten soll, lässt insbesondere vor dem Hintergrund der nicht umsonst am Anfang des Grundgesetz stehende Würde (Art. 1 GG) des Menschen und das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG zumindest Zweifel aufkommen.

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