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Weißwurstgrenze und Bonbonschwelle: Süßwarenhersteller, die nicht in Bayern produzieren, dürfen auch nicht damit werben

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Bonbon Bayern Wettbewerbsrecht Verpackung
© Printemps – fotolia.com

Wer hat´s erfunden? Oder eher: wo wird´s hergestellt?

Ein österreichischer Bonbonhersteller hatte auf seinen Verpackungen die Bezeichnung „Bayern“ im Namen sowie das Rautenmuster des Freistaats abgedruckt. Die Konkurrenz zog bis vor das Oberlandesgericht München – mit Erfolg.

OLG München entscheidet in zwei Fällen

Nach Ansicht des Klägers warb der Konkurrent zu Unrecht mit der bayerischen Herkunft. Das beklagte Unternehmen hat seinen Hauptsitz zwar in München, produziert wird allerdings in Österreich.

Konkret hatte das Münchner Gericht dabei in zwei Fällen zu entscheiden: Im Ersten vertrieb der Hersteller Verpackungen mit dem bayerischen Rautenemblem in blau-weiß, nebst der Aufschrift „bayerische Bonbonkultur“. Ein zweites Produkt kam mit dem Rautenmuster in verschiedenen Farben und der Aufschrift „Bonbonlutschkultur“ daher.

Aufdruck im ersten Fall verstößt gegen Wettbewerbsrecht

Im ersten Fall schloss sich das OLG einem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts München I an (LG München I, Urteil v. 21.2.17, Az. 33 O 6398/16): Demnach sei es durchaus möglich, dass die beklagte Firma durch das Design der Verpackungen der Konkurrenz potentielle Kunden abwerbe. Darüber hinaus erwecke der Slogan „bayerische Bonbonkultur“ den Eindruck, das Produkt stamme tatsächlich aus dem Freistaat.

Besagten Aufdruck hatte die Firma bereits nach dem Urteil des Landgerichts aus dem Verkehr genommen, als Folge des Urteils des OLG wurde nun auch die Berufung zurückgenommen. Darüber hinaus trafen den Hersteller Auskunftspflichten hinsichtlich seiner Lieferanten und Bilanzen, um der Gegenseite die Bezifferung eines Schadensersatzes zu ermöglichen.

Landgericht weist Klage im zweiten Fall zurück

Hinsichtlich des zweiten Falles entschied das LG München I jedoch anders: Das Rautenmuster allein reiche nicht aus, um beim Käufer den Anschein zu erwecken, das Produkt stamme tatsächlich aus Bayern. Das klagende Unternehmen argumentierte in nächster Instanz  in die andere Richtung: So würden Lebensmittel vom Verbraucher „hochgradig mit den Orten ihrer Herstellung und deren geographischen Besonderheiten in Verbindung gebracht“ – die Raute weise dabei zweifelsfrei auf Bayern hin, Wien hingegen „läge nicht in den Alpen“.

Auch ein weiteres, vom österreichischen Hersteller so betitelte Produkt „Alpenbauer“ lasse auf eine bayerische Herkunft schließen – nach Ansicht der Gegenseite handele es sich hier lediglich um einen Fantasienamen. Das Münchner OLG schloss sich auch in diesem Falle der Klägerseite an:

Der Name selbst, in Verbindung mit dem Rautenmuster und der Abbildung einer Alpenbergkette rufe beim Verbraucher die Vorstellung hervor, das Produkt stamme aus besagten süddeutschen Landen. Entsprechend änderte das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil um.

Wien liegt im Wienerwald, und der liegt in den Nordalpen

Inwieweit sich in Österreich hergestellte Bonbons letztlich von solchen aus Bayern unterscheiden, kann dahingestellt bleiben.

Jedenfalls kommt der Herkunft eines Produkts im Allgemeinen eine entscheidende Bedeutung für den Konsumenten zu. Der Umstand, dass der westliche Rand Wiens tatsächlich streng genommen sogar in den Alpen liegt, änderte an der Irreführung hinsichtlich der Herkunft des Produkts im vorliegenden Fall nichts. Denn dafür genügt bereits die Eignung einer Äußerung, einen nicht unerheblichen Teil zu einer falschen Vorstellung zu verleiten.

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