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Warum immer die Widerrufsbelehrung?

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Warum stürzen sich Abmahner eigentlich auf die Widerrufsbelehrung? Zum einen handelt sich um einen unschwer zu erkennenden Verstoß, wenn etwa ein eBay-Händler statt der Monatsfrist nur ein zweiwöchiges Widerrufsrecht einräumt. Viele Händler, die selbst schon einmal abgemahnt wurden, verspüren wohl den Wunsch, dass es der Konkurrenz nicht besser gehen soll. Nicht immer sind es aber solche „Rachegelüste“, die erboste Händler zum Anwalt treiben, sondern auch handfeste wirtschaftliche Überlegungen:

Räumt ein eBay-Händler (zutreffend) eine Frist zum Widerruf von einem Monat ein, die wir unserem wahnsinnigen Gesetzgeber – nicht etwa den Gerichten, die diese Regelungen anwenden müssen – zu verdanken haben, muss er die Ware auch innerhalb dieser Frist zurücknehmen. Aufgrund neuerer Rechtsprechung sogar dann, wenn die Sache durch den Gebrauch völlig wertlos ist und nicht mehr verkauft werden kann. Wer bei eBay im großen Stil verkauft weiß, was dieser Umstand für einen wirtschaftlichen Schaden anrichten kann. Derjenige, der die Frist auf zwei Wochen verkürzt oder überhaupt kein Widerrufsrecht einräumt und „nichts zurücknimmt“, kann sich gegenüber dem Käufer (jedenfalls pro Forma) auf eine kürzere oder gar keine Frist zurückziehen und so sein Retourenrisiko ganz erheblich verringern.

Verfällt der Händler, der sich an die Vorschriften hält, deswegen in einen „Abmahnwahn“ und mahnt reihenweise Konkurrenten ab, steht ihm das nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur frei. Dementsprechend sieht das Oberlandegericht Frankfurt (Beschl. v. 04.07.2007 / Az 6 W 66/07 via MIR) in einer neuen Entscheidung darin auch noch kein Problem:

„[…] Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass die Beachtung der im Fernabsatzhandel bestehenden Belehrungspflichten insbesondere über das Widerrufsrecht wegen der damit erfahrungsgemäß oft verbundenen Ausübung dieses Rechts zu betriebswirtschaftlichen Kosten führt, die sich der Konkurrent, der diese Vorgaben missachtet, erspart. Dann erscheint es im Hinblick auf die regional nicht begrenzte Wettbewerbssituation im Fernabsatzhandel auch konsequent, nicht nur gegen einige wenige, sondern gegen alle Mitbewerber und deren – im Internet unschwer auffindbaren – Wettbewerbsverstöße vorzugehen (vgl. Urteil des Senats vom 14.12.2006 – 6 U 128/06, GRUR-RR 2007, 56,57). […]“


Die Grenze zum Rechtsmissbrauch sei nur dann überschritten, wenn der Rechtsanwalt seinen Mandanten bei derartigen Abmahnungen vom Kostenrisiko freistelle. Einen solchen Fall hatte kürzlich das LG Heilbronn angenommen. (zie)

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