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BGH: Der Geschädigte muss bei einer Feststellungsklage nur die Wahrscheinlichkeit des Schadens darlegen, keine konkrete Vermögensdifferenz

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Keine überspannten Anforderungen an Beweis der Schadenswahrscheinlichkeit
Photo by Matthew Brodeur on Unsplash

Will man mit einer Feststellungsklage einen Vermögensschadenausgleich erreichen, muss man nur die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts substanziiert darlegen. Weitere Anstrengungen, um etwa eine nachteilige Vermögensdifferenz zu einem konkreten Zeitpunkt zu beweisen, sind nicht erforderlich.

Diese großzügige Handhabung der Schadensdarlegung begründete der BGH nicht zuletzt auch damit, dass der Geschädigte seine Feststellungsklage aufgrund sonst drohender Verjährung bereits innerhalb von drei Jahren erheben muss, obwohl oft – wie im vorliegenden Fall – der endgültige Schaden erst Jahre später berechenbar ist. Deshalb sind bei einer Feststellungsklage keine überspitzten Anforderungen an die Darlegung des Schadens durch den Geschädigten zu stellen.

Falsche Versicherungsberatung führt zu Vermögensnachteilen

Der Kläger hatte bei einer Versicherungsmaklergesellschaft zwei Lebensversicherungen für sich und seine Frau abgeschlossen. Einige Jahre später riet ihm ein Versicherungsmitarbeiter dazu, mit dem Ziel einer Steueroptimierung die Versicherungsbeiträge zu ändern sowie zusätzlich eine Rentenversicherung abzuschließen.

Der spätere Kläger kam aber zur Einsicht, dass die neuen Bedingungen für ihn wirtschaftlich nachteilig waren. Deshalb wollte er gerichtlich feststellen lassen, dass die falsche Beratung ihm einen Vermögensschaden verursacht hatte, den er ersetzt bekommen musste. Mit der Feststellungsklage machte er allerdings keinen bereits jetzt konkret bezifferbaren Schaden geltend, sondern denjenigen, der ihm bis zu seinem Todesjahr wegen Umstellung der Versicherungen entstehen würde.

Der Geschädigte musste nur die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts darlegen, so der BGH

Seine Klage bliebin beiden Vorinstanzen erfolglos. Die Gerichte, LG und OLG Hamburg, waren der Ansicht, dass der Kläger die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nicht substanziiert dargetan hatte, weil er keine auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogene Vermögensdifferenz beweisen konnte. Im Rahmen der Revision (BGH, Urteil v. 26.7.2018, Az.: I ZR 274/16) wies der BGH dieses Argument als widersprüchlich zurück. Die Feststellungsklage erfordere ja nur die Darlegung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und gerade nicht die Benennung eines konkreten Betrags.

Außerdem sprach sich der BGH für eine großzügige Beurteilung der Anforderungen an die Schadensdarlegung auch mit der Erwägung aus, dass der Geschädigte aufgrund der dreijährigen Verjährungsfrist den Schaden schon viele Jahre vor dessen endgültigem Eintritt geltend machen muss. Dann ist es ihm aber unmöglich, einen konkret bezifferbaren Schadensbetrag zu nennen.

Fazit

Es gilt also festzuhalten: da die Benennung einer konkreten Vermögensdifferenz dem Geschädigten unzumutbar ist, dürfen die Anforderungen an den Beweis der Schadenswahrscheinlichkeit nicht überspannt werden. Die Heranziehung von Sachverständigen – hier etwa Versicherungsmathematikern – ist demnach nicht erforderlich. Es reicht vielmehr aus, dass der Kläger plausibel darstellt, warum und inwiefern er durch den Schädiger wahrscheinlich zu einer nachteiligen Vermögenslage geführt werden kann.

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