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„Das Boot“ – Kameramann erhält erneut Vergütung

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Das Boot Vergütung Kameramann
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Der deutsche Kinoklassiker „Das Boot“ zählt zu den erfolgreichsten Filmproduktionen in Deutschland. Der hauptverantwortliche Kameramann des Weltkriegsdramas Jost Vancano hat nun vom Oberlandesgericht Stuttgart erneut eine hohe Vergütungssumme für die Nutzung des Filmmaterials zugesprochen bekommen.

Zur Kasse gebeten wurden dabei insgesamt acht Sendeanstalten des ARD. Bereits in den Jahren 2011 und 2017 waren dem Filmemacher Beteiligungen für die Ausstrahlung durch den WDR und die Produktion Bavaria Film zugesprochen worden. 

Erfolgsproduktion aus den 80er Jahren

Der weltbekannte Streifen über eine deutsche U-Boot Besatzung im zweiten Weltkrieg zählt bis heute zu einer der erfolgreichsten und zur damaligen Zeit teuersten Produktionen der deutschen Filmgeschichte. So war „das Boot“ unter anderem für sechs Oscars und einen Golden Globe nominiert. Jost Vancano erhielt als hauptverantwortlicher Kameramann kurz nach der Premiere des Films 1981 etwa 204.000 DM (demnach ca 100.000 Euro) als Vergütung.

Im Jahre 2011 hatte Vancano den WDR erfolgreich auf Zahlung einer weiteren Beteiligung für die Verwendung des Filmes verklagt (BGH, Urteil v. 22.9.2011, Az. I ZR 127/10). Die Zahlung einer nochmaligen Vergütung von der maßgeblich an der Entstehung des Films beteiligten Produktionsfirma Bavaria Film wurde dem inzwischen 81-jährigen vom Münchner Oberlandesgericht schließlich im Jahre 2017 zugesprochen (OLG München, Urteil v. 21.12.2017, Az. 29 U 2619/16). Ausschlaggebend war in beiden Verfahren § 32 a) des Urhebergesetzes. Absatz 1 der Vorschrift lautet :

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.

Entscheidend für die Urteilsfindung war demnach jeweils, ob zwischen der durch die Lizenzverträge des Kameramanns mit dem WDR und der Bavaria Film vereinbarten Vergütung und der tatsächlich erzielten Einnahmen des Senders und der Produktionsfirma ein Missverhältnis vorlag. Sowohl die Richter in Stuttgart als auch am Bundesgerichtshof bejahten dies im Ergebnis, da „das Boot“ auch lange nach dessen Veröffentlichung kommerziell überaus erfolgreich blieb. Jost Vancano wurden so insgesamt etwa 600.000 Euro zugesprochen.

Zu dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht München berichteten wir bereits:

Auch die ARD zeigt das Weltkriegsdrama regelmäßig

Nun wurde auch die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zur Kasse gebeten. Der Grund: auch „das Erste“ zeigt nach wie vor das Kriegsepos um Herbert Grönemeyer und Jürgen Prochnow.

Kameramann Vancano erhob entsprechend erneut Klage und war schließlich vor dem OLG Stuttgart als Berufungsinstanz erfolgreich (OLG Stuttgart, Urteil v. 26.9.2018, Az. 4 U 2/18). Im Einzelnen richtete sich diese gegen die insgesamt acht Sendeanstalten der ARD. Nach Ansicht des Senats bestand auch hier zwischen den Vergütungen, die sich aus dem Lizenzvertrag des Kameramanns mit dem Rundfunksender ergaben, und den tatsächlich erzielten Gewinnen ein Missverhältnis im Sinne des § 32 a) UrhG. So sprachen die Richter dem Kläger 315.000 Euro für insgesamt 41 Ausstrahlungen des Films in den Jahren 2002-2016 zu.

Für die Beurteilung, inwiefern die ARD in unangemessener Weise Vorteile durch die Ausstrahlung des Werkes erlangt hatte, orientierte sich das Stuttgarter Oberlandesgericht an den tariflichen Wiederholungsvergütungssätzen. Diese ergaben sich aus den Tarifverträgen der drei größten Sendeanstalten der ARD für das Zeigen von Wiederholungssendungen und -filmen. Das Stuttgarter Landgericht hatte als Vorinstanz noch einen anderen Ansatz zur Bewertung eines möglichen Missverhältnisses verfolgt. So ging die Kammer davon aus, die Vorteile und Erträge der Sendeanstalt seien anhand der Lizenzkosten zu bemessen. Dies sei allerdings nicht sachgerecht, so das OLG. Im Filmgeschäft gebe es keine allgemeingültigen Preise, ein und der gleiche Film könne insofern mal für eine geringere, mal für eine höhere Gebühr eingekauft werden.

Fazit

§ 32 a UrhG ist auch als „Fairnessparagraph“ bekannt. Zweck dieser Vorschrift ist, Urhebern bei unerwartetem kommerziellen Erfolg ihrer Schöpfungen eine Möglichkeit zu geben, an diesen wirtschaftlichen Vorteilen teilhaben zu können. Trotz eines Lizenzvertrages, der eine niedrigere Vergütung vorsieht, müssen die Vertragspartner des Erstellers des Werkes einer Änderung der Absprache zustimmen.

So liegt der Fall auch hier. Vancano wurden als hauptverantwortlicher Kameramann ursprünglich lediglich 100.000 Euro gezahlt, ein aus heutiger Sicht sehr geringer Betrag im Verhältnis zum Erfolg des Filmes.

Mag dies zunächst fair erscheinen, bestehen dennoch erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Fairnessparagraphen. So existiert im deutschen Recht der Grundsatz „pacta sunt servanda“ („Verträge gilt es zu erfüllen“), eine nachträgliche Abänderungsmöglichkeit von Verträgen kennt das bürgerliche Gesetzbuch grundsätzlich nicht. Urheberrechtliche Verträge werden durch § 32 a UrhG darüber hinaus entwertet, da abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg, mit einer nachträglichen Modifikation gerechnet werden muss.

Andererseits spricht die Vorschrift bewusst von einem „auffälligen Missverhältnis“, der Anwendungsbereich ist demnach immerhin relativ eng gefasst. Eine entsprechende gesetzliche Änderung wäre aus den genannten Gründen trotzdem wünschenswert.

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