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OLG Zweibrücken: Gewerbliches Ausmaß beim urheberrechtlichen Drittauskunftsanspruch nach § 101 UrhG

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat in einem aktuellen Beschluss (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.10.2008, Az. 3 W 184/08) das „gewerbliche Ausmaß“ als Voraussetzung des Drittauskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 1, 2 UrhG näher definiert.

In dem zugrunde liegenden Verfahren forderte ein Computerspielehersteller von einem Internetprovider aufrund von festgestellten „Filesharing-Fällen“ Auskunft über die jeweiligen Anschlussinhaber, die ein spezialisiertes Unternehmen im Auftrag der Antragstellerin als Störer identifiziert hatte, auch wenn hierbei Verkehrsdaten (= dynamische Verkehrsdaten) eingesehen werden müssten.

Voraussetzung für einen solchen Drittauskunftsanspruch nach § 101 Abs. 1, 2 UrhG ist in jedem Falle ein Handeln im „gewerblichen Ausmaß“. Beide Seiten – sowohl der Täter bzw. Störer, als auch der Geschädigte – müssen dieses Tatbestandsmerkmal erfüllen. Der PC-Spielehersteller muss demnach seine Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß anbieten, was zweifelsfrei gegeben ist – aber auch der Rechtsverletzer muss in gewerblichem Ausmaß handeln. Genau dieses Merkmal hat das OLG Zweibrücken konkretisiert.

Grundsätzlich zeichnet sich eine im „gewerblichen Ausmaß“ vorgenommene Rechtsverletzung dadurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen wird. Handlungen von Endverbrauchern – um die es hier ja gerade geht – seien davon in der Regel nicht erfasst, so das Gericht. Dies gilt umso mehr, wenn jeweils lediglich ein einmaliger Down- oder Upload festgestellt worden wäre.

Die Antragstellerin war der Auffassung, das gewerbliche Ausmaß bestehe darin, dass der jeweilige Nutzer die entsprechende Datei einer Großzahl anderer Internetnutzer über ein Peer-to-Peer-Portal zur Verfügung gestellt habe. Ein weiterer Aspekt des gewerblichen Ausmaßes sei, dass es sich bei dem illegal verwendeten Programm um ein aktuelles Computerspiel handele.

Die Antragsgegnerin wies das Bestehen eines solchen urheberrechtlichen Auskunftsanspruch, insbesondere im Hinblick auf einen Zugriff auf Verkehrsdaten, zurück. Dem folgte das Gericht in seiner Entscheidung und stellte klar, dass die Rechtsverletzung selbst nicht in gewerblichem Ausmaß begangen worden sei.

Das Gericht stellte weiter klar, dass das Merkmal „gewerbliches Ausmaß“ sich von dem bisherigen Tatbestandsmerkmal „Handeln im geschäftlichen Verkehr“ des § 101 a UrhG a.F. unterscheidet. Der Begriff des „gewerblichen Ausmaßes“ wird im Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/48/EG naher definiert. Dort heisst es:

In gewerblichem Ausmaß vorgenommene Rechtsverletzungen zeichnen sich dadaurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteils vorgenommen werden.

Da dies bei Endverbrauchern in der Regel nicht der Fall ist, ist hier ergänzend eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität erforderlich. Bei der Nutzung von illegalen Tauschbörsen muss hiernach jedenfalls ein Umfang erreicht werden, der offensichtlich über ein Nutzen zum privaten Gebrauch hinausgeht.

Für eine Anwendung des § 101 UrhG ist somit neben der großen Anzahl von Rechtsverletzungen auch eine besondere Schwere der Verletzungen erforderlich. Das Gericht hat mit diesem Urteil den Softwareherstellern und der Musikindustrie hinsichtlich der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen mittels Filesharing-Systemen weitere Steine in den Weg gelegt (nh). Zum Beschluss

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