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OLG Köln: “Testsieger” der Stiftung Warentest ist kein anerkanntes Gütezeichen

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Sie baden gerade Ihre Hände darin!Die Kollegen von Dr. Damm & Partner weisen aktuell auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln, Urteil vom 23.02.2011, Az. 6 U 159/10) hin, wonach ein “Testsieger”-Urteil der Stiftung Warentest kein Gütezeichen im Sinne von Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sei.

Es stritten sich „Ariel“ und „Persil“.

Aus einem im Heft 4/2009 der Stiftung Warentest veröffentlichten Test (Anlage K 1, Bl. 9 ff.) ging das Vollwaschmittel „Ariel Compact“ der Beklagten als Testsieger hervor, während das Produkt „Persil Universal Megaperls“ der Klägerin den zweiten Platz belegte. In das aus dem Durchschnitt aller Prüfergebnisse gebildete, bei beiden Produkten „GUT (2,1)“ lautende Test-Qualitätsurteil floss im Bereich Umwelteigenschaften auch der Verpackungsaufwand (Art und Menge des Verpackungsmaterials) ein. Das in einer Pappkarton-Verpackung untersuchte Beklagtenprodukt wurde in dieser Kategorie mit „Gut“ bewertet, das in einer Kunststoff-Folienverpackung getestete Produkt der Klägerin erhielt (wie andere so verpackte Produkte) die Bewertung „Sehr gut“.

Die Klägerin hatte es gestört, dass das Produkt „Ariel Compact“ der Beklagten, welches lediglich mit einer Pappverpackung von der Stiftung Warentest untersucht worden war, von dieser auch in der Folienverpackung als „Testsieger“ beworben wurde. Die Klägerin argumentierte, dass es einen Verstoß gegen eines der Per-se-Verbote der in den Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG übernommenen „Schwarzen Liste“, nämlich der Nr. 2 des Anhangs verstoße, dass die Beklagte mit einem „Gütesiegel“ werbe, ohne die erforderliche Genehmigung dazu zu haben, denn das Beklagtenprodukte bei Januar in einem Pappkarton getestet und zum „Testsieger“ gekürt worden.

Das Oberlandesgericht lehnt die Anwendung Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ab, da es sich bei einem Testurteil der Stiftung Warentest nicht um ein „Gütesiegel“ im Sinne der Vorschrift handele:

„Aus Sicht der Verbraucher stellen positive Testurteile der Stiftung Warentest zwar einen bedeutsamen Qualitätshinweis dar. Angesichts der von der Stiftung aufgestellten Bedingungen für die Werbung mit Untersuchungsergebnissen (abgedruckt bei Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 6 Rn. 213) mag sogar von einer Genehmigung der Verwendung ihres Logos in Form einer formularvertraglichen Lizenzvereinbarung gesprochen werden können. Dennoch handelt es sich um keine Verleihung eines Gütesiegels im Sinne des Verbotstatbestandes. Während die hier angesprochenen Gütezeichen dazu dienen, gewisse Produkteigenschaften auf einen Blick erkennbar zu machen, gibt die Verwendung des Logos der Stifung Warentest und die (Selbst-) Bezeichnung als „Testsieger“ als solche keine Auskunft über eine Erfüllung bestimmter, vorab allgemein objektivierter Standardanforderungen durch das getestete Produkt; mitgeteilt wird vielmehr das Ergebnis eines wertenden ganzheitlichen Vergleichs mehrerer ausgewählter Produkte (wie hier: Koppe / Zagouras, WRP 2008, 1035 [1045]; Piper / Ohly / Sosnitza, a.a.O., Rn. 8; Harte / Henning / Weidert, a.a.O., Rn. 3).“

Die Werbung der Beklagten stelle auch keinen Verstoß gegen Nr. 4 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG dar, wonach eine Ware nicht als von einer dritten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt bezeichnet oder die Einhaltung der dafür geltenden Bedingungen behauptet werden darf, ohne dass dies der Fall ist.

Schließlich sei auch der Tatbestand einer relevanten irreführenden Werbung nicht erfüllt, da die Werbung der Beklagten die Verbraucher zu keiner geschäftlichen Entscheidung veranlassen wird, die sie sonst nicht getroffen hätten. Das Oberlandesgericht lässt es interessanterweise dahinstehen, ob die Werbung der Beklagten tatsächlich irreführend war, da es  jedenfalls an der Relevanz der Irreführung fehle:

„Im Streitfall geht es um die Werbung für ein in seiner stofflichen Zusammensetzung gegenüber den Testbedingungen unverändertes Waschmittel, das sich lediglich in einer Kunststoff-Folienverpackung statt wie bei dem Test in einer Pappkarton-Verpackung befindet. Die Art und Weise der Verpackung war zwar ebenfalls Gegenstand des Testes und damit auch des abschließenden Qualitätsurteils. Aus Verbrauchersicht handelt es sich dabei jedoch um keine Eigenschaft des Produkts selbst, sondern um ein veränderliches Akzidens. Entgegen den von der Berufung geäußerten Zweifeln muss zudem angenommen werden, dass beim Produkt der Beklagten die Wahl der anderen Verpackung schon im Test keinesfalls zu einer Verschlechterung, sondern eher zu einer weiteren Verbesserung des Testergebnisses auch im Vergleich zum nächstplazierten Produkt der Klägerin geführt hätte. Denn der veröffentlichte Testbericht selbst belegt – gemäß den fehlerfreien Feststellungen des Landgerichts – eindeutig, dass die Kunststoff-Folienverpackungen hinsichtlich des Verpackungsaufwandes und damit hinsichtlich ihrer Umwelteigenschaften durchweg um eine Notenstufe besser bewertet wurden als die Pappkarton-Verpackung des Klägerprodukts und des Konkurrenzprodukts „Sunil aktiv“. „

Fazit:

Neben einigen klarstellenden Erläuterungen zu zwei Tatbeständen der noch relativ neuen „Blacklist“ (Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG) verdeutlicht die Entscheidung einmal mehr, dass nicht jede irgendwie geartete Irreführung des Verbrauchers zu einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch führt. Zusätzlicher Prüfungspunkt ist immer auch die Frage, ob die betreffende Werbung geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die ansonsten nicht getroffen hätte (Relevanzprüfung). (la)

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