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OLG Frankfurt zur Prüfung der Verwechslungsgefahr bei Kombinationsmarken

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human radiography scan on hologramDas Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hatte kürzlich in einem kennzeichnungsrechtlichen Rechtsstreit von zwei Fachärzten für Neurochirurgie zu entscheiden.

Zum insoweit verkündeten Urteil aus Mai dieses Jahres hielt der Senat in einem der Leitsätze fest, dass zwischen einer Kombinationsmarke, die aus einem Bestandteil mit beschreibendem Anklang (hier – „Neuro-Spine-Center“) und einem Eigennamen bestehe, und einem mit dem genannten Bestandteil übereinstimmenden jüngeren Zeichen keine Verwechslungsgefahr gegeben sei (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 07.05.2015, Az. 6 U 39/14).

Gegenstand des Rechtsstreites

Dieser Beurteilung lag eine Marke des Beklagten zugrunde, aus der er widerklagend Ansprüche gegen den erstinstanzlichen Kläger herleitete. Bei der Marke handelte es sich dabei um eine sogenannte Wort-/Bildmarke bestehend aus dem Anklang „Neuro-Spine-Center“, dem darunter angeführten Namen des Beklagten und einer daneben platzierten Graphik. Die Ansprüche des Beklagten waren unter anderem darauf gerichtet, den Kläger zur Unterlassung der Nutzung einer bestimmten Domain zu zwingen, da diese mit der fraglichen Bezeichnung des Beklagten verwechslungsfähig gewesen sei. Insoweit beantragte er beim Gericht,

den Kläger zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 150.000 € (ersatzweise Ordnungshaft) oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, die Domain „[…].de“ geschäftsmäßig zu benutzen, wenn der Nutzer bei Aufruf derselben auf das neurochirurgische Angebot eines Arztes in einer Klinik oder Praxis in den Landkreisen O1 und/oder B-Kreis stößt und/oder weitergeleitet wird und/oder hingewiesen wird.

Wie dem eingangs angeführten Leitsatz zu entnehmen ist, hatte dieses Begehren des Beklagten keinen Erfolg. Nach Ansicht des Senats, der das erstinstanzliche Urteil bestätigte, seien die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG nicht gegeben. Zwar sei die angegriffene Domain durch den Kläger tatsächlich kennzeichnungsmäßig genutzt worden, es fehle jedoch vorliegend an der notwendigen Verwechslungsgefahr, weil die sich gegenüberstehenden Zeichen nicht ähnlich seien.

Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei Kombinationsmarken

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit komme es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen an. Wenn ein älteres Zeichen aus mehreren Bestandteilen bestehe, von denen nur einer in identischer oder ähnlicher Form in das jüngere Zeichen übernommen worden sei, könne die Verwechslungsgefahr nur bejaht werden, wenn der übereinstimmend ähnliche Teil den maßgeblichen Gesamteindruck des betreffenden Zeichens derart präge, dass die übrigen Bestandteile für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können.

Nach diesen Grundsätzen sei in Bezug auf die Beanstandung des Beklagten keine Verwechslungsgefahr anzunehmen. Denn die fragliche Wort-/Bildmarke stelle, wie bereits ausgeführt, ein aus den Wortbestandteilen „Neuro-Spine-Center“, dem Bestandteil „X“ (dem Namen des Beklagten) und einer Graphik zusammengesetztes Zeichen dar. Deren Gesamteindruck werde dabei nicht allein durch den Bestandteil „Neuro-Spine-Center“ geprägt:

„Der Bestandteil „Neuro-Spine-Center“ ist zwar nicht glatt beschreibend, weil in der medizinischen Fachliteratur mit „Neuro-Spine“ keine konkrete Erkrankung oder Therapie verbunden wird. Die Bezeichnung hat jedoch einen stark beschreibenden Anklang, weil die angesprochenen Verkehrskreise, nämlich Patienten und Allgemein- bzw. Fachärzte, beim Anblick der Klagemarke ohne weiteres erkennen, dass sich das „Neuro-Spine-Center“ mit ärztlichen Behandlungen der Nerven und der Wirbelsäule, namentlich mit neurochirurgischen Operationen der Wirbelsäule beschäftigt.

Der kennzeichnungsschwache Bestandteil „Neuro-Spine-Center“ wird in der Klagemarke durch den Bestandteil „X“ ergänzt und damit zumindest auch durch diese Bezeichnung mitgeprägt […]. Der Bestandteil „X“ besitzt als erkennbarer Eigenname eine hohe Unterscheidungskraft. Der Familienname des Unternehmensinhabers stellt ein klassisches Kennzeichnungsmittel dar, dem der Verkehr im Allgemeinen einen klaren Herkunftshinweis entnimmt […]. Das gilt umso mehr bei ärztlichen Dienstleistungen, weil es dort in erster Linie auf die fachliche Kompetenz des Arztes und das daraus entwickelte Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit ankommt.“

Auf die geltend gemachte Marke konnte der Beklagte damit nach Beurteilung des Oberlandesgerichts seine Ansprüche nicht stützen. Auch unter Rückgriff auf seine nach §§ 15 Abs. 4, 5 MarkenG daneben bestehenden Rechte an dem Unternehmenskennzeichen „Neuro-Spine-Center“ seien diese nicht gegeben.

Räumlicher Schutzbereich von Unternehmenskennzeichen

Denn bei Unternehmen, deren Geschäftszweck und Zuschnitt nur lokal oder regional tätig seien, sei der Schutz auf ihr Wirkungsgebiet beschränkt. Zu diesen sogenannten „Platzgeschäften“ zählen regelmäßig auch Kliniken und Arztpraxen. Maßgeblich für den Umfang des Schutzbereichs sei der im Kollisionszeitpunkt durch die Benutzung des älteren Zeichens nach der Verkehrsauffassung abgedeckte Wirtschaftsraum:

„Dem Beklagten steht ein Unternehmenskennzeichenrecht an dem Zeichen „neuro-spine-center“ zu, allerdings beschränkt auf den Wirtschaftsraum O1 […]. [Er] hat belegen können, dass er mit seiner unter „Neuro-Spine-Center“ betriebenen Klinik und Arztpraxis in der Region O1 eine Verkehrsbekanntheit erreicht hat. Als Beleg dafür konnte er seine Anzeigen in der O1 Zeitung ebenso wie die Presseberichte über seine Klinik vorlegen.“

Dieser Unterlassungsanspruch in Bezug auf den Landkreis O1 sei jedoch durch zuvor abgegebene Unterlassungserklärungen des Klägers vollumfänglich ausgeräumt worden, so dass der im Gerichtsverfahren weiter verfolgte Unterlassungsanspruch nicht begründet sei.

Was das Gebiet des B-Kreises, namentlich auf die Stadt O2, den Standort der Arztpraxis des Klägers, anbetrifft, lasse sich diesbezüglich bereits nicht feststellen, dass sich der Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens des Beklagten auch diesen Wirtschaftsraum erstrecke:

„Die Tatsache, dass der Beklagte im Internet unter der Domain […].com auftritt, begründet wegen seines des primär regionalen Wirkungskreises keinen überregionalen Schutz. Dass der Beklagte über seine Werbung im Verbreitungsgebiet der O1 Zeitung auch Patienten in dem im nördlichen Teil des B-Kreises gelegenen B-Tal ansprechen will, unterstreicht seinen auf das dortige Gebiet bezogenen Wirkungskreis, kann aber gerade keinen Hinweis dafür liefern, dass der Verkehr den Einzugsbereich seiner Klinik auf das gesamte Gebiet des B-Kreises erstreckt. […]

Das erstinstanzliche Beweisangebot, ein Sachverständigengutachten zu der Behauptung einzuholen, in den Landkreisen O1 und B verbänden mehr als 50 % der Patienten mit „Neuro-Spine-Center“ den Beklagten […] ist ein unzulässiger Beweisermittlungsantrag, denn der Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, wie es in der Region B-Kreis zu einer solchen Bekanntheit kommen sollte.“

Die Ansprüche des Beklagten wurden damit auch in der zweiten Instanz verneint. Die Revision ließ der Senat nicht zu, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und sich lediglich in der  einzelfallbezogenen Anwendung der bereits herausgearbeiteten höchstrichterlichen Rechtsgrundsätze erschöpfe. (pu)

(Bild: © videodoctor – Fotolia.com)

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