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EuG weist Klage von Netflix gegen Abgabenpflicht der deutschen Filmförderung ab

Netflix deutsche Filmförderung EuG
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Der Serienanbieter Netflix hat mit einer Klage vor dem Gericht der europäischen Union den Versuch unternommen, gegen die im deutschen Filmförderungsgesetz festgeschriebene Abgabepflicht zur Unterstützung deutschsprachiger Filmprojekte vorzugehen.

Filmförderungsgesetz sichert finanzielle Unterstützung deutschsprachiger Filme

Das deutsche Filmförderungsgesetz unterstützt die Produktion, den Vertrieb und die öffentlichen Darbietung deutscher Filmproduktionen finanziell. Dies geschieht durch eine festgesetzte Sonderabgabe, die Unternehmen der Kino-, Video-, und Rundfunkbranche zu leisten haben.

Im Jahre 2016 wurde diese Pflicht nach erfolgter Genehmigung durch die europäische Kommission erweitert: Demnach sind auch solche Anbieter abgabepflichtig, die ihren Firmensitz zwar im Ausland haben, aber durch deutsches Publikum und Inhalte Erträge erwirtschaften. Diese Pflicht besteht nur dann nicht, wenn der Umsatz eines entsprechenden Unternehmens bereits am Ort des Firmensitzes einer vergleichbaren Regelung unterliegt.

Diesen Beschluss focht Netflix vor dem Gericht der europäischen Union in Luxemburg an. Aufgrund der Neuerungen aus dem Jahr 2016 war der Anbieter nämlich verpflichtet, Abgaben auf solche Umsätze zu leisten, die das Unternehmen mit deutschen Kunden und Inhalten erwirtschaftet. Angaben des Serienriesen nach handele es sich hier um einen Zusatz an Abgaben in Höhe von etwa 13 Millionen Euro jährlich.

Nach Ansicht von Netflix beruhe der angefochtene Beschluss auf einer unrichtigen Auslegung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste. Ferner verstoße dieser gegen den freien Dienstleistungsverkehr, gegen die Niederlassungsfreiheit sowie gegen EU-Beihilfe- und Steuerbestimmungen.

EuG weist Klage als unzulässig ab

Das Gericht der europäischen Union wies die Klage im Ergebnis jedoch als unzulässig ab, ohne dass die Filmförderung einer sachlichen Prüfung unterzogen wurde (EuG Luxemburg, Urteil v. 16.5.2018, Az. T-818/16).

Grund für die Unzulässigkeit der Klage sei die in Artikel 263 AEUV festgesetzte Voraussetzung der unmittelbaren Betroffenheit des Klägers. Im Einzelnen bedeutet das: Ergibt sich die Betroffenheit des Klägers unmittelbar aus dem Beschluss der Kommission, ist diese auch zulässig. Erfordert der Beschluss jedoch noch Umsetzungsmaßnahmen auf nationaler Ebene, ist die Klage unzulässig. Die Betroffenheit des Klägers resultiert dann nämlich aus diesen Maßnahmen. Entsprechend sind dann Kläger angehalten, sich mit ihrem Begehren an die nationalen Gerichte zu wenden.

Abgabepflicht resultiert erst aus Maßnahmen auf nationaler Ebene

Nach Ansicht der Richter haben sich die „spezifischen und tatsächlichen Folgen“ des Beschlusses letztlich erst aus den Durchführungsmaßnahmen auf deutscher, also nationaler Ebene ergeben. Im Einzelnen bedeutet dies die auf Anbieter mit Firmensitz im Ausland ausgeweitete Abgabepflicht zur Förderung deutscher Filmproduktionen. Nur diese legten die Zahlungspflicht der betroffenen Unternehmen präzise und nachhaltig fest.

Eben gegen diese Pflichten könne Netflix jedoch nach Ansicht der Richter am EuG vor den deutschen Gerichten vorgehen. Sollten sich im Rahmen der Verhandlungen rechtliche Fragen auf europäischer Ebene stellen, könne das deutsche Gericht diese dem europäischen Gerichtshof vorlegen.

Marktstellung von Netflix auf deutscher Ebene nicht wesentlich beeinträchtigt

Als weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage vor dem EuG nennt Artikel 263 AEUV neben der unmittelbaren auch die individuelle Betroffenheit des Klägers. Individuelle Betroffenheit liegt dann vor, wenn der Rechtsakt den Kläger wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt. Nach Ansicht der Richter sei dies vorliegend jedoch nicht der Fall. Netflix habe nicht nachweisen können, dass die Stellung des Anbieters auf dem deutschen Markt durch die Regelung wesentlich beeinträchtigt wurde.

Fazit

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klage auf europäischer Ebene sind nach wie vor hoch. Auch mit dieser aktuellen Entscheidung dürfte ein gewisser Abschreckungseffekt geplant gewesen sein. Kläger werden angehalten, ihre rechtliche Anliegen zunächst auf nationaler Ebene vorzutragen.

Wäre die Klage zugelassen worden, wäre wohl auf materieller Ebene ein Urteil mit ähnlichem Ausgang wünschenswert gewesen: Wer wie Netflix im großen Stil auf dem hiesigen Markt tätig ist, sollte auch entsprechende Beihilfeleistungen zur Förderung deutscher Projekte zu zahlen haben.

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