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Focus Markenrecht
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Her mit den bösen Serienabmahnungen!

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Auf der guten Seite der Macht lässt es sich doch trefflich Mandanten fangen. Bei 123recht berichtet ein Kollege, dass sich angeblich die „Anzahl der Abgemahnten wieder häuft“ und das deshalb sein „Rechtsempfinden empfindlich gestört“ werde. Beklagt wird, dass die bösen Kollegen, die solche Abmahnungen unter Zuhilfenahme von Textbausteinen (was, ein Anwalt benutzt Textbausteine?) schreiben auch noch Geld damit verdienen, statt das zu tun „was in meinen Augen die Arbeit eines Anwalts ausmacht, nämlich Menschen zu helfen“. Er fügt hinzu, dass

„Die Kosten, die durch die Beauftragung eines Kollegen auf Sie zukommen, der ihnen dabei hilft, sich gegen eine Serienabmahnung zu wehren, sind in den meisten Fällen ungleich niedriger, als die Kosten, die Sie für die eigentliche Abmahnung zu zahlen hätten.“

Wenn das Thema nicht so ernst wäre, würden wir in Tränen ausbrechen. Wieder einmal wird der Eindruck erweckt, dass man allein mit dem Wort „Serienabmahnung“ vor Gericht (vielleicht abgesehen vom LG Bielefeld und dem Amtsgericht Charlottenburg) auch nur einen Blumentopf gewinnen könnte. Schlimmer noch: es wird der Eindruck erweckt, dass ein Anwalt der „Serienabmahnung“ schreit, seinen Mandanten vor Kostenfolgen einer berechtigten Abmahnung und eines folgenden gerichtlichen Verfahrens schützen kann. Im Gegenteil: Im Falle der berechtigten Abmahnung kommt die Einschaltung des eigenen Anwalts den Verletzer oft (finanziell) teurer zu stehen. Immerhin weiß man nach einer fachkundigen Beratung durch den eigenen Anwalt dann aber wenigstens, wie man sich etwa in Zukunft richtig verhält.

Realität in der ganz überwiegenden Rechtsprechung ist nämlich die Ansicht, die das Landgricht Köln kürzlich noch einmal formuliert hat:

„Dass es dabei um Hunderte ähnlicher Fälle ging, rechtfertigt aus Sicht der Kammer keine andere Betrachtungsweise, da die Rechtsfragen gleichwohl komplex blieben und viele Einzelverletzungen dann eben nur viele Abmahnungen herausfordern.“

(Nachzulesen in MMR 2006, S. 412 ff.)

Seien wir einmal ehrlich: Der Erste, der an einer Abmahnung verdient ist der Rechtsanwalt des Abgemahnten. Der hat sich sein Honorar aus moralischer Sicht jedoch erst dann verdient und seinem Mandanten geholfen, wenn er seinen Mandanten kompetent über die Möglichkeiten eines Vorgehens gegen unberechtigte Abmahnungen und Möglichkeiten der Kostenvermeidung beraten hat. Nicht wenn er ihn mit dem stumpfen Schwert der „Serienabmahnung“ in einen teuren Prozess schickt und ihn hinterher das Gerechtigkeitsempfinden doll schmerzt.

So ist es aus unserer Sicht keineswegs stets „falsch, sich dem Druck zu beugen“, sondern falsch, sich dem Druck einer aus Textbausteinen bestehenden, mehrfach versandten aber inhaltlich berechtigten Abmahnung nicht zu beugen. (zie)

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