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Deutschlands schönste Seiten

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neuschwMit Beschluss vom 13.09.2012 hatte der Bundesgerichtshof über das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bezogen auf die für Dienstleistungen begehrte Wortmarke „Deutschlands schönste Seiten“ zu entscheiden (BGH, Beschluss v. 13.09.2012, Az. I ZB 68/11).

Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Markeneintragung für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:

Klasse 16:

Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Druckschriften, gedruckte Publikationen, Printerzeugnisse, Verlagserzeugnisse (Druckereierzeugnisse), Fotografien, Druckereierzeugnisse, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)

Klasse 41:

Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften, Büchern und Zeitungen.

Das DPMA wies die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurück. Nachdem das Bundespatentgericht diese Entscheidung bestätigt hatte, verfolgte die Anmelderin ihren Eintragungsantrag mit einer Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof weiter.

Prüfungsmaßstab der fehlenden Unterscheidungskraft

Der Bundesgerichtshof ging jedoch mit dem Bundespatengericht davon aus, dass die fragliche Wortfolge wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung als Marke (für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen) ausgeschlossen sei.

Die maßgeblichen Beurteilungskriterien fasste der Bundesgerichtshof wie folgt zusammen:

„Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet […]. […] Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden […]. Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Abzustellen ist auf die Anschauung des angesprochenen Verkehrs.

[…] Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des Weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten.“

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Unter Heranziehung dieser Grundsätze weist der Bundesgerichtshof  auf die Feststellungen des Bundespatentgerichts hin und schließt sich diesen an.

Das Zeichen „Deutschlands schönste Seiten“ sei aus allgemein gebräuchlichen deutschen Wörtern zusammengesetzt. Das Wort „Seiten“ könne neben dem wörtlichen Verständnis auch die Bedeutung von „Erscheinungsformen/Aspekten“ haben und stehe zusammen mit dem Superlativ „schönste“ für das besonders Schöne in Deutschland. Damit könnten Landschaften, Kultur, Menschen, Tradition und vieles andere mehr gemeint sein. Der Verbraucher sei an Wortbildungen mit den angeführten Bestandteilen im Zusammenhang mit verschiedenen Themen und Lebensbereichen gewöhnt und erkenne darin auf den ersten Blick nur eine allgemein verständliche Aussage, die lediglich in gebräuchlicher und werbeüblich anpreisender Art und Weise auf die schönsten Seiten Deutschlands hinweise.

In allen verschiedenen Bedeutungen stehe der sachbezogene Zusammenhang der Wortfolge im Vordergrund. In diesem Zusammenhang komme es auch nicht entscheidend darauf an, dass die Bezeichnung „Deutschlands schönste Seiten“ den Inhalt der fraglichen Waren nicht genau bezeichne. Dass die Wortfolge vage und unbestimmt gehalten sei und sich deshalb zur Bezeichnung unterschiedlicher Themen eigne, machte sie nicht zu einem Unterscheidungsmittel, das die fraglichen Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichne.

Besonderheiten bei der Kennzeichnung von Dienstleistungen

Mit Blick auf die ebenfalls angemeldete Dienstleistungsklasse 41 berücksichtigt der Bundesgerichtshof ferner, dass nicht jedes Zeichen, das für Druckwerke vom Verkehr als beschreibend aufgefasst wird, im gleichen Sinn auch für Verlagsdienstleistungen verstanden wird:

„Der Verkehr wird nicht generell davon ausgehen, die Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Zeitschriften, Büchern und Zeitungen seien auf Druckerzeugnisse mit einem entsprechenden Themenkreis beschränkt […]. Ein Druckerzeugnisse beschreibendes Zeichen kann daher für Verlagsdienstleistungen über die erforderliche Unterscheidungskraft verfügen. Dies kommt etwa in Betracht, wenn das Zeichen sich nur zur Beschreibung eines bestimmten Themas oder eines einzelnen Druckwerks eignet […].

Eine Differenzierung der Unterscheidungskraft eines Zeichens danach, ob es sich auf die Ware „Druckschriften“ oder die Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften“ bezieht, ist jedoch eher die Ausnahme. Im Regelfall wird sich der für Druckschriften beschreibende Begriffsinhalt gleichermaßen auf die Dienstleistung beziehen, die zur Entstehung der Druckschrift führt […]. […] Von diesen Maßstäben ist auch das Bundespatentgericht ausgegangen und [festgestellt, dass der Verkehr die fragliche] Wortfolge, die einen weiten Themenbereich abdeckt, wegen der Nähe der in Rede stehenden Dienstleistungen zum Inhalt der Druckschriften unmittelbar und ohne weiteres auf die Dienstleistungen selbst beziehen [wird].“

Der Rechtsbeschwerde der Anmelderin wurde daher auch unter diesem Gesichtspunkt zurückgewiesen. Die Markenanmeldung blieb insgesamt ohne Erfolg. (pu)

(Bild: © swisshippo – Fotolia.com)

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