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Abmahngefahr bei "Tippfehlerdomains" und Catch-All-Funktion

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Die Kollegen von Beckmann und Norda berichten aktuell über eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg (LG Hamburg, Beschluss v. 21.09.2011, Az. 312 O 494/11).

Das Gericht hat entschieden, dass bei Nutzung einer Tippfehlerdomain ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht. Dies gelte auch dann, wenn die Tippfehlerdomain durch Nutzung der Catch-All-Funktion entsteht. Zudem hat das LG Hamburg nochmals bestätigt, dass nicht nur eine GmbH sondern auch die Geschäftsführer persönlich auf Unterlassung haften.

In dem Rechtsstreit ging es um kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche wegen der Verletzung einer nach § 5 MarkenG geschützten geschäftlichen Bezeichnung durch eine Internetdomain.

Es standen sich Domains mit folgender Struktur gegenüber:

[name]-[branche]shop.de und [name].[branche]shop.de

Es war zwischen den Parteien streitig, ob die Tippfehlerdomain durch Verwendung der Catch-All-Funktion zustande gekommen war oder nicht. Hierauf kam es nach Ansicht des Gerichts aber nicht an. Das Gericht gab in der mündlichen Verhandlung deutlich zu erkennen, dass es auch im Fall einer Catch-All-Domain von einer Kennzeichenrechtsverletzung ausgegangen wäre.

Was ist eine Tippfehlerdomain?

Eine so genannte Tippfehlerdomain wird häufig mit voller Absicht dadurch geschaffen, dass eine Person eine Domain registriert, die einem bereits existierenden Domainnamen höchst ähnlich ist und sich häufig nur durch das Weglassen oder das Vertauschen von Buchstaben von diesem unterscheidet. Dies wird in der Hoffnung getan, dass Personen, die einen bestimmten Domainnamen in den Browser eingeben, sich vertippen und dadurch auf die Tippfehlerdomain geleitet werden, wo dann bezahlte Werbung eingeblendet wird oder ein Konkurrenzangebot zu sehen ist.

Was bedeutet Catch-All?

Ist eine Catch-all-Funktion für eine Internetdomain eingerichtet, hat dies zur Folge, dass jedwede als Sublevel-Domain eingegebene Zeichenfolge auf einen bestimmten Host, etwa die Secondlevel-Domain weitergeleitet wird. Das besondere an der Catch-all-Funktion ist, dass, obwohl die Sublevel-Domain physisch nicht existent ist, eine Weiterleitung auf einen eingerichteten Host stattfindet, unabhängig davon, welche Zeichenfolge als Subdomain eingeben wird.

Ein Beispiel: Für die Domain example.com ist eine Catch-all-Funktion eingerichtet. Der User gibt xyz.example.com in seinen Browser ein. Es erfolgt ein Weiterleitung auf example.com, obwohl es die Subdomain xyz nicht gibt.

Was tun?

Während auch vielen Laien einleuchten wird, dass die absichtliche „Umleitung“ von Kunden durch Schaffung einer Tippfehlerdomain in den meisten Fällen rechtswidrig ist, liegt dies bei der so genannten Catch-All-Funktion nicht auf der Hand, zumal Letztere oft nicht in böser Absicht aktiviert wird.

Wie eine Rechtsverletzung Zustandekommen kommt und insbesondere, ob den Verursacher ein Verschulden trifft, ist aber, worauf das Landgericht Hamburg nochmals hingewiesen hat, oft für eine Haftung unerheblich. die Entscheidung des Landgerichts Hamburg sollte daher zum Anlass genommen werden, beim Umgang mit Domainnamen noch größere Vorsicht walten zu lassen. (la)

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