Mehrfach ausgezeichnet.

Focus Markenrecht
en

OLG Stuttgart: Reklame „Die Rezeptapotheke“ ist irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten

Rezeptapotheke
Photo by Thought Catalog on Unsplash

Eine Online-Apotheke wirbt mit dem Slogan „Die Rezeptapotheke“ und will damit auf besondere Angebote aufmerksam machen. Dabei ist grundsätzlich jede Apotheke verpflichtet, Rezepte entgegenzunehmen. Dies täusche den Rechtsverkehr, denn die Apotheke werbe in unlauterer Weise mit Selbstverständlichkeiten, so die Richter.

Die Apotheke verteidigt sich, sie habe mit dem Hinweis „Die Rezeptapotheke“ nicht bloß auf die Selbstverständlichkeit hinweisen wollen, dass sie Rezepte entgegennehme. Sie ist der Ansicht, es sei zu erkennen, dass sie ihre Spezialisierung auf Rezeptbelieferungen und damit verbundene Zusatzleistungen hervorheben wolle. Sie biete eine schriftliche Wechselwirkungsberatung, spezielle Betreuungsprogramme für chronisch Kranke und Beratungen im Bereich des Medikationsmanagement an. Deshalb unterscheide sie sich von anderen Apotheken und werbe keinesfalls mit Selbstverständlichkeiten.

Entscheidung des OLG Stuttgart

Die Richter sahen das anders und gaben der Abmahnung statt (OLG Stuttgart, Urteil v. 20.12.2018, Az. 2 U 26/18): Bei dem Begriff „Die Rezeptapotheke“ denke der Verbraucher nicht an etwaige Sonderleistungen der Apotheke. Zu den Aufgaben eines Apothekers gehöre es ohnehin, auf Anfrage bezüglich Wechselwirkungen unterschiedlicher Medikamente zu beraten. Durch die Bewerbung als „Rezeptapotheke“ werde vielmehr der falsche Eindruck erweckt, die Apotheke biete im Zusammenhang mit der Einlösung eines Rezeptes besondere Leistungen an, die es in anderen Apotheken nicht gäbe. Die Werbung ist daher als irreführende geschäftliche Handlung gemäß §§ 3 Abs. 1, Abs. 2, 5 Abs. 1, 8 UWG unlauter.

Kurzum

Entscheidend kam es den Richtern wohl darauf an, dass der Begriff der „Rezeptapotheke“ für die einschlägigen Verbraucherkreise nicht eindeutig ist. So dränge sich der Trugschluss auf, die „Rezeptapotheke“ sei etwas anderes als eine gewöhnliche Apotheke. Denklogisch bedürfe es anderenfalls einer gesonderten Bezeichnung nicht. Dieser Effekt verstärkt sich durch die besondere Integrität des Apothekerberufes, denn dem Apotheker wird in aller Regel besonderes Vertrauen entgegengebracht.

Interessant ist hierbei, dass die Richter das Fehlen etwaiger Informationen hinsichtlich der vermeintlichen Zusatzleistung betonen. Sollte – vorausgesetzt es gäbe eine Zusatzleistung – mit „Der Rezeptapotheke“ geworben werden, so ist eine etwaige Zusatzleistung wohl in leicht verständlicher Form näher zu beschreiben. Anderenfalls drohen Abmahnungen. Schließlich übt „Die Rezeptapotheke“ Druck auf die Rezipienten aus, die Umstände der vermeintlichen Zusatzleistung zu hinterfragen. Dies kann schließlich den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen.

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Chronologisch aufgebaut, differenzierte Gliederung, zahlreiche Querverweise und, ganz neu: Umfangreiche Praxishinweise zu jeder Prozesssituation.

Mehr erfahren

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht