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Blizzard ./. Bossland GmbH: Der Teufel steckt im Detail, Endgegner ist der BGH

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Am 22.6.2012 hatten wir bereits darüber berichtet:

Das Landgericht Hamburg hatte auf Veranlassung des Spieleentwicklers Blizzard Entertainment, Inc. der  Bossland GmbH Und deren Geschäftsführer verboten, die Bot-Software “Demonbuddy” in Deutschland anzubieten oder zu verbreiten, die es Spielern des Onlinespiels die Diablo III ermöglicht, dort Spielzüge zu automatisieren. Bei der Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € bzw. bis zu 6 Monate Ordnungshaft.

Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.7.2012

Nachdem die Bossland GmbH Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt hat, hat das Landgericht Hamburg die mündliche Verhandlung nun auf den 10.7.2012 angesetzt. Uns liegt mittlerweile auch die mit Anlagen über 120 Seiten umfassende Antragsschrift vor, die Grundlage des gerichtlichen Verbots ist.

Zukünftiger Bestand der Einstweiligen Verfügung fraglich

Nicht nur weil die einstweilige Verfügung mit einer Erstbegehungsgefahr begründet wird, stehen einem entsprechenden Unterlassungsanspruch der Blizzard Entertainment, Inc. gegenüber der Bossland GmbH zahlreiche Hürden im Weg, die aber der bisherigen Auffassung des Landgerichts Hamburgs zufolge offenbar genommen werden konnten. Dennoch ist der Bestand der einstweiligen Verfügung äußerst zweifelhaft.

AGB-Klausel wirksam einbezogen?

Denn obwohl natürlich grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden ist, dass ein Spielehersteller seinen Kunden, somit den Spielern, gewisse Verhaltenspflichten vertraglich auferlegen möchte, muss dies natürlich auch ordnungsgemäß und vor allem für die Kunden nachvollziehbar geschehen.

Im Mai 2012 wurde bekannt, dass die sich Spielefirma Electronic Arts auf eine Abmahnung der Verbraucherzentrale hin per Unterlassungserklärung dazu verpflichtet hat, auf  bestimmte Informationen nicht erst bei der Installation bzw. der ersten Benutzung des gekauften Spiels, sondern bereits in der Verpackung hinzuweisen.

Ein ähnliches Problem könnte sich auch im vorliegenden Fall stellen. Denn die Klausel, auf die Blizzard den angeblichen Rechtsverstoß unter anderem stützen möchte, wird dem jeweiligen Spieler erst unmittelbar vor Spielbeginn bekannt gegeben.

AGB-Klausel verständlich?

Darüber hinaus ist fraglich, ob der Spieler das Verbot, die von der Bossland hergestellte Software zu nutzen, dem folgenden karg gehaltenen Hinweis überhaupt entnehmen kann:

„Sie verpflichten sich dazu, unter keinen Umständen:
2.1 Cheats, Automatisierungssoftware (Bots), Hacks, Mods oder jedwede sonstige nicht autorisierte Fremdsoftware, die der Veränderung des Service, eines Spiels oder eines Spielverlaufs dient, herzustellen oder zu nutzen;“

Nicht umsonst verwenden die Prozessbevollmächtigten von Blizzard innerhalb ihrer Antragsschrift nicht unerhebliche Ausführungen darauf,  zu erläutern, was unter den Begriffen „Bots“, „Hacks“ und „Mods“ angeblich zu verstehen sein soll.

Verleiten zum Vertragsbruch?

Selbst, wenn man annehmen würde, dass diese Klausel Vertragsbestandteil geworden wäre, bedeutete der dann eventuell anzunehmende Vertragsverstoß der Spieler nicht automatisch auch eine unerlaubte Handlung von Bossland.

Seit der Entscheidung BGH, Urteil v. 11.09.2008, Az. I ZR 74/06 – bundesligakarten.de ist anerkannt, dass jemand in der Regel sogar dann nicht zum Vertragsbruch verleitet, wenn er weiß, dass die Inanspruchnahme einer von ihm angebotenen Leistung zu einem Vertragsbruch mit einem Dritten führt. Der Bundesgerichtshof betont in dieser Entscheidung zudem, dass das bloße (auch systematische) Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen zu dem Vertragsbruch zu verleiten,  grundsätzlich nur unlauter ist, wenn besondere die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten.

Dies gilt sogar dann, wenn der Verwender der entsprechenden Klausel berechtigte und nachvollziehbare Zwecke mit seiner Regelung verfolgt.  Diese Zwecke seien in dem betreffenden Vertragsverhältnis durchzusetzen und könnten nicht durch eine künstliche „Verdinglichung“ auch gegenüber unbeteiligten Dritten durchgesetzt werden, so der BGH. Dies insbesondere dann nicht, wenn das beanstandete Verhalten per se nicht rechtswidrig ist.

Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass der Bundesgerichtshof Blizzard höchstwahrscheinlich darauf verweisen würde, Spieler, die sich an (ordnungsgemäß vereinbarte) Regeln nicht halten, schlicht und einfach vom Spielbetrieb auszuschließen, anstatt der Bossland GmbH die Herstellung und den Vertrieb einer an sich selbstverständlich legalen Software zu verbieten.

Der Rechtsstreit bleibt somit spannend. Wir werden weiter berichten.

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