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Weiterhin keine Klarheit um Shift.TV

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shiftAm 11.04.2013 verkündete der Bundesgerichtshof eine weitere Entscheidung im Rechtsstreit zwischen dem Sender „Sat.1“ und dem Internet-Portal „Shift.TV“ und verwies die Sache zum wiederholten Male zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsinstanz zurück. Diese Entscheidung des BGH liegt nunmehr mit Gründen vor (BGH, Urt. v. 10.01.2013, Az. I ZR 153/11).

Bisheriger Streitstand

„Shift.TV“ bietet einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ an, womit ein Kunde aus den über Antennen frei empfangbaren Fernsehprogrammen Sendungen auswählen, abspeichern lassen und über das Internet jederzeit beliebig oft ansehen oder herunterladen kann. Durch dieses Angebot sah sich die Klägerin in dem ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrecht nach § 87 Abs. 1 UrhG verletzt und nahm die Webseitenbetreiber auf Unterlassung, Vernichtung der erstellten Aufnahmen, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunftserteilung in Anspruch.

Das Ergebnis des umkämpften Gerichtsverfahrens, das durch mehrere Instanzen ging, war bis zuletzt die Entscheidung des OLG Dresden vom 12.07.2011 – 14 U 1070/06 – wonach der Beklagten unter anderem verboten wurde, das von der Klägerin ausgestrahlte Fernsehprogramm „Sat.1“ oder Teile davon weiterzusenden. Auch den aufgeführten Folgeansprüchen hat das Gericht entsprochen. Gegen diese Entscheidung haben die Beklagten Revision eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgten.

Internet-Videorecorder verletzen das Recht zur Weitersendung der Funksendungen  

Nach den Feststellungen des BGH hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Beklagten durch die Bereitstellung des Internet-Videorecorders „Shift.TV“ in das ausschließliche Recht der Klägerin nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG eingegriffen haben, ihre Funksendungen weiterzusenden:

„Die Beklagte zu 1 empfängt die Sendesignale der Funksendungen mit Satelliten-Antennen und leitet sie zeitgleich an Online-Videorecorder weiter, die dem Bereich der Kunden als Hersteller der vollautomatisierten Aufzeichnungen zuzuordnen sind. Da sie ihren Kunden mit den „Persönlichen Videorecordern“ darüber hinaus auch die Empfangsvorrichtungen zur Verfügung stellt, ist ihre Tätigkeit in ihrer Bedeutung als Werknutzung den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliche Wiedergabe vergleichbar […].

Das übermittelte Sendesignal der Klägerin konnte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichzeitig von mindestens 100 Nutzern des Angebots „Shift.TV“, die nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden sind, unabhängig voneinander aufgezeichnet werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass damit eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit Vervielfältigungen einer Sendung aus dem Programm der Klägerin erhielten. Zu welchem Zeitpunkt die Empfänger die bestellte Sendung wahrnehmen können, ist ohne Belang […].“

Revision wegen möglicherweise unzulässiger Rechtsausübung erfolgreich

Dennoch war die Revision der Beklagten begründet. Ihr hat der Einwand zum Erfolg verholfen, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin stelle eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB dar.

Die Klägerin verlange nach Ansicht der Beklagten mit dem Unterlassen der Weitersendung eine Leistung, welche aufgrund des bestehenden Kontrahierungszwangs alsbald wieder zurückzugewähren sei: Der Beklagten stehe als Kabelunternehmen gegen die Klägerin als Sendeunternehmen ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung zu angemessenen Bedingungen zu (§ 87 Abs. 5 UrhG).

Da das Berufungsgericht aber zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Geltendmachung des Zwangslizenzeinwands keine Feststellungen getroffen hat, konnte der BGH über den Rechtsstreit auch diesmal nicht endgültig entscheiden und musste ihn zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen. Wir dürfen also weiterhin gespannt sein. (pu)

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