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Vorsicht Kostenfalle: OLG Frankfurt sieht trotz Abmahnung und fehlender Unterlassungserklärung keine Veranlassung zur gerichtlichen Durchsetzung

mausefalle2In einem Beschwerdeverfahren hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main über die Kostentragung gemäß § 91a ZPO zu entscheiden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.04.2014, Az. 6 W 118/13), nachdem der Rechtsstreit übereinstimmend in der  Hauptsache für erledigt erklärt worden war. Das Gericht legte die Kosten gemäß § 93 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen dem Antragsteller auf.

Hintergrund des Rechtsstreits war, dass der Antragsteller die Antragsgegnerin wegen der Verwendung einer rechtswidrigen Widerrufsbelehrung und rechtswidriger Allgemeiner Geschäftsbedingungen abgemahnt hatte. Die Antragsgegnerin reagierte innerhalb der gesetzten Frist, in dem sie dem Antragsteller einen Entwurf mit einer Überarbeitung der beanstandeten AGB-Passagen übersandte, die Überweisung der angeforderten Kostenpauschale für die Abmahnung ankündigte und für den Fall, dass die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gleichwohl noch erforderlich sein sollte, um die Übersendung eines entsprechenden Formulars bat. Vorsorglich bat sie in jedem Fall vor der Einleitung gerichtlicher Schritte um Rücksprache.

Das OLG Frankfurt am Main ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben habe. Ein Verhalten gibt Anlass zur Klageerhebung, das vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 72. Aufl., § 93 Rn. 29). Das Gericht führt hierzu in einem besonders langen Leitsatz aus:

„Ein Anlass zur Stellung eines Eilantrages trotz zunächst erfolgloser Abmahnung besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn das gegen die Verwendung unwirksamer AGB gerichtete Abmahnschreiben nicht mit einer vorformulierten Unterlassungserklärung versehen war, der Abgemahnte auf die Abmahnung hin den Entwurf überarbeiteter AGB übersendet, die Überweisung der angeforderten Kostenpauschale ankündigt, für den Fall, dass die Abgabe einer Unterwerfungserklärung gleichwohl noch erforderlich sein sollte, um die Übersendung eines entsprechenden Formulars bittet und vorsorglich in jedem Fall vor der Einleitung gerichtlicher Schritte um Rücksprache bittet. Unter diesen Umständen ist der Unterlassungsgläubiger gehalten, vor Stellung eines Eilantrages den Schuldner nochmals zur Abgabe einer ausreichenden Unterwerfungserklärung aufzufordern. Unterlässt er dies, kann sich der Schuldner mit Erfolg auf die Vorschrift des § 93 ZPO berufen, wenn er im Verfahren sofort eine ausreichende Unterwerfungserklärung abgibt.“

Die Entscheidung des OLG ist äußerst fragwürdig. Denn für eine ordnungsgemäße Abmahnung genügt in der Regel die Schilderung des monierten Verhaltens und die Aufforderung zur Unterlassung bzw. der Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung. Ob und in welchem Umfang der Schuldner eine solche abgeben möchte, bleibt diesem überlassen. Obwohl es üblich sein mag, ist der Gläubiger keineswegs verpflichtet, dem Schuldner eine adäquate Erklärung vorzugeben. Erst recht ist der Gläubiger nicht verpflichtet, die neuen, überarbeiteten AGB auf Richtigkeit zu überprüfen oder dem Schuldner gar bei der Erstellung rechtskonformer Bedingungen zu helfen. Wenn der Abgemahnte vor diesem Hintergrund keine Unterlassungserklärung abgibt, ist nicht nachvollziehbar, weshalb eine irgendwie geartete „Rücksprache“ notwendig sein sollte, insbesondere dann, wenn eine Unterlassungserklärung noch nicht einmal angekündigt wird.

Allein bei Unklarheiten besteht eine Nachfasspflicht des Gläubigers. Davon spricht der Sachverhalt der Entscheidung allerdings nicht. Es ist daher anzunehmen, dass es sich bei dem Verhalten des Schuldners um den Versuch gehandelt hat, auf Zeit zu spielen, bzw. die ihm zukommenden Erklärungsobliegenheiten auf den Gläubiger abzuwälzen. Es ist bedauerlich, dass das Gericht diesem Versuch, wie er insbesondere bei klaren Verstößen oft vorkommt, zum Erfolg verholfen hat und damit weiteren solchen „Tricks“ Vorschub leistet.

Fazit:

Vor dem Hintergrund dieser immerhin obergerichtlichen Entscheidung ist die Gefahr von Nachahmern groß. Im Zweifel sollte bei einer unbefriedigenden Antwort des Schuldners daher überobligatorisch kurz nachgefasst werden, um spätere böse prozessuale Überraschungen zu vermieden. (pi)

(Bild: © Zerbor – Fotolia.com)

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