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Urheberrecht: Keine Gebühren für Radios in Mietwagen

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©daniel_von_appen – Unsplash.com

Müssen Fahrzeugvermieter, die ihre Wagen mit Radios ausstatten, Gebühren an Verwertungsgesellschaften zahlen?

Handelt es sich dabei um eine „öffentliche Wiedergabe“ musikalischer Werke an die Öffentlichkeit im Sinne der Urheberrechtsrichtlinie?

Mit diesen Fragen setzte sich der EuGH in seinem aktuellen Urteil vom 02. April 2020 auseinander (EuGH, Urteil v. 02.04.20 – Az. C-753/18). Wir klären auf!

Verwertungsgesellschaften verklagen Mietwagenfirmen

Geklagt hatten die schwedischen Verwertungsgesellschaften Stim und SAMI. Nach ihrer Ansicht trügen Fahrzeugvermieter, die mit Radios ausgestattete Wagen an Privatkunden zur Verfügung stellten, zu Urheberrechtsverstößen bei, weil der Öffentlichkeit musikalische Werke ohne eine entsprechende Genehmigung zur Verfügung gestellt würden. Die Verwertungsgesellschaften forderten, dass die Unternehmen urheberrechtliche Gebühren zahlen müssen. Der oberste Gerichtshof in Schweden legte dem EuGH die Frage vor, ob es eine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des EU-Rechts (Richtlinien 2001/29 und 2006/115) zum Urheberrecht darstelle, wenn Fahrzeuge mit Radioempfängern bereitgestellt werden.

EuGH: Keine Handlung der Wiedergabe im Sinne der Urheberrechtsrichtlinie

Der EuGH hat nun entschieden, dass Autovermieter keine urheberrechtliche Vergütung zahlen müssen, wenn die vermieteten Fahrzeuge mit einem Radio ausgestattet sind. Zwar können Kunden darüber Radiosender empfangen. Es liegt jedoch keine urheberrechtliche Nutzungshandlung vor, bei der ein Dienstleister seinen Kunden willentlich geschützte Werke auf installierten Einrichtungen zugänglich macht. Die Mietwagenfirmen stellen mit den Radioanlagen lediglich physische Geräte zum Empfang, aber nicht die urheberrechtlich geschützte Werke selbst zur Verfügung. Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie zur Informationsgesellschaft scheidet somit aus. Deshalb müssten Autovermieter auch keine Gebühren an Verwertungsgesellschaften zahlen.

Fazit

Diese Konstellation ist von denjenigen Fällen abzugrenzen, bei denen die Zugänglichmachung der urheberrechtlich geschützten Werke im Mittelpunkt der Kommunikation steht.

Ein klarer Akt der „öffentlichen Wiedergabe“ wurde beispielsweise im Fall Filmspeler aus dem Jahr 2017 bestätigt. Im damaligen Fall hatte der beklagte Unternehmer in den Niederlanden Streaming-Geräte verkauft, die so konfiguriert waren, dass Käufer direkten Zugriff auf Inhalte illegaler Film-Plattformen erlangten (EuGH, Urteil v. 26.04.2017 – Az. C-527/15 ). In diesem Fall diente die gesamte Einstellung des Geräts und die installierte Software als illegaler Zugangspunkt zu geschützten Inhalten.

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