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Unbewiesene, ehrverletzende Tatsachenbehauptungen können zulässig sein, wenn Äußernder sich ernsthaft bemüht hat, den Sachverhalt aufzuklären

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Das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil v. 19.05.2010, Az. I U 49/09) hat in einer aktuellen Entschediung entschieden, dass Äußerungen über den sexuellen Missbrauch eines Kindes Ansprüche des angeblichen Täters auf Unterlassung, auf den Ersatz des materiellen Schadens und sogar auf eine billige Entschädigung in Geld begründen, wenn sie nicht nur gegenüber den zuständigen Behörden, sondern auch gegenüber zahlreichen anderen Personen abgegeben werden und nicht bewiesen sind.

Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass ehrverletzende Äußerungen ausnahmsweise auch dann zulässig sein können, wenn der Beweis deren Richtigkeit nicht gelingt. Beweisbelastet für die Richtigkeit einer ehrverletzenden Tatsachenbehauptung ist grundsätzlich nach dem Rechtsgedanken des § 186 StGB derjenige, der sie aufstellt. Eine Ausnahme von dieser Regel sei aber mit Rücksicht darauf zu machen dass die Wahrheit einer Tatsachenbehauptung vor deren Aufstellung nicht immer abschließend zu klären sei. Eine unbewiesene ehrverletzende Äußerung könne dann zulässig sein, wenn der sich Äußernde vor Aufstellung der Behauptung die ihm zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat. Dies und die ihm seinerzeit vorliegenden „Belegtatsachen“ habe er darzulegen, andernfalls sei seine Äußerung als unwahr zu behandeln.

Im vorliegenden Fall hatte eine Psychotherapeutin Dritten und nicht lediglich den zuständigen Behörden (was ggfls. zulässig gewesen wäre) von einem dringenden Verdacht berichtet, der Kläger habe ein Kind sexuell missbraucht. Und dies, so das Gericht, ins Blaue hinein und ohne jegliche Belegtatsachen, die den Verdacht hätten stützen können.

Offenbar hatte die Psychotherapeutin aus der Tatsache, dass der Kläger vor langer Zeit einmal einschlägig in Erscheinung getreten war und dass er dem Kind Spielzeug geschenkt und ihm auch ansonsten viel Zeit gewidmet hatte, auf einen sexuellen Missbrauch „geschlossen“. Diesen Schlussfolgerungen erteilte das Gericht aber bereits deshalb eine Absage, da dies faktisch euf eine Umkehr der Beweislastverteilung hinauslaufen würde und der Kläger somit völlig schutzlos gestellt würde.

Fazit:
Bei ehrverletzenden Äußerungen ist Vorsicht geboten, da der Äußernde die Last des Beweises der Wahrheit dieser Äußerungen hat. Dies ändert sich nur, wenn ausreichende Tatsachen vorgetragen werden können, aus denen sich ein begründeter Verdacht ergibt. Dazu reichen bloße Vermutungen jedoch nicht aus. (la) Zum Urteil

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