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RTL – eine beleidigte Marke

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beleiDas Oberlandesgericht Köln teilte in II. Instanz die Auffassung des Landgerichts Köln, dass T-Shirts mit dem Aufdruck „Scheiß RTL“ verboten sind. Der Berufungskläger zog daraufhin seine Berufung zurück.

Was war geschehen?

Der Beklagte betreibt auf der Internetseite www.fernsehkritik.tv einen Blog, in dem er sich kritisch mit Fernsehsendungen auseinandersetzt. Weiter betreibt er auf der Seite einen Shop, in dem man Motto-Shirts kaufen kann. Derzeit aktuell im Angebot ist zum Bespiel das Shirt mit dem Aufdruck „GEMA-kacken“. In diesem Shop bot er auch das T-Shirt mit dem Aufdruck „Scheiß-RTL“ an. Die Klägerin ist Inhaberin der Marke „RTL“. Sie begehrte die Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Schadensersatz. Der Beklagte benutze das Logo markenmäßig . Angesichts dessen, dass es sich um eine direkte Verunglimpfung handele, könnten sich der Beklagte weder auf die Kunst- noch die Meinungsfreiheit berufen.

Der Beklagte vertrat die Ansicht, es fehle bereits an einer markenmäßigen Benutzung des Zeichens, da in dem Zusatz „scheiß“ eine klare Abgrenzung von der Marke liege und berief sich auf die Kunst- und Meinungsfreiheit. Man setze sich „in satirisch-kritischer Weise mit der deutschen Fernsehlandschaft und deren Auswüchsen auseinander“. Die Klage hatte Erfolg.

Die I. Instanz

Das Landgericht Köln(LG Köln, Urteil v. 25.09.2012, Az. 33 O 719/11) teilte die Ansicht der Klägerin und bejahte den Verstoß gegen § 14 Nr. 3 MarkenG. Danach kann ein Markeninhaber denjenigen auf Unterlassung in Anspruch nehmen, der ein mit der Marke identisches oder ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

Der auf dem T-Shirt angebrachte Aufdruck sei mit der an die Klägerin lizenzierten Marke identisch. Es handele sich um den vollständig übereinstimmenden Abdruck dreier nebeneinander liegender Quadrate in den Farben rot, gelb und blau mit den eingelassenen weißen Buchstaben „RTL“.

Im vorliegenden Fall gehe das Gericht  zwar mit den Beklagten davon aus, dass ein Teil der Verbraucher erkennen wird, dass die Verwendung des Zeichens in der konkreten Gestaltung keinen Hinweis auf die Herkunft des T-Shirts aus dem Hause der Klägerin oder des tatsächlichen Herstellers gebe, sondern eine Bewertung des klägerischen Fernsehprogramms durch den Hersteller und den Träger des T-Shirts zum Ausdruck bringen solle.

Für die Annahme einer markenmäßigen Benutzung reiche indes die objektive, nicht völlig fern liegende Möglichkeit, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annehme, aus. Eine solche könne hier nicht verneint werden. Abzustellen sei nämlich nicht nur auf das möglicherweise besonders fernsehkritische Publikum, welches das T-Shirt in Kenntnis des Internetauftritts des Beklagten in Ruhe betrachtet. Das T-Shirt werde insbesondere auch von allen anderen Verbrauchern, die dieses insbesondere auch an seinem Träger im Alltag und häufig nur im Vorbeigehen betrachten, wahrgenommen. Diese würden insbesondere auf Grund des optisch im Vordergrund stehenden „RTL-Logos“ bei einem flüchtigen Blick zunächst davon ausgehen, dass das T-Shirt von der Klägerin oder aber zumindest von einem mit dieser geschäftlich verbundenen Unternehmen stamme. Den Zusatz „scheiß“ würden sie dagegen häufig nicht oder erst spät wahrnehmen.

Dass die Gestaltung des T-Shirts mit dem Aufdruck „scheiß RTL“ geeignet ist, die Wertschätzung der an die Klägerin lizenzierten Marke zu beeinträchtigen, liege auf der Hand. Denn die Voranstellung des Zusatzes „scheiß“ stellt eine gewollte und beabsichtigte Herabwürdigung der klägerischen Marke und der unter dieser erbrachten Leistungen dar und beeinträchtigt damit deren Werbewert.

Demgegenüber können sich der Beklagte nicht auf die grundgesetzlich garantierte Kunst- und Meinungsfreiheit berufen. Denn beide Grundrechte würden von Art. 5 GG nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre bzw. durch das ebenfalls geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter. Bei einer fallbezogenen Abwägung zwischen dem Grundrecht der Meinungs- und Kunstfreiheit und den von grundrechtsbeschränkenden Gesetzen geschützten Rechtsgütern des Markenschutzes sowie vor allem des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin stelle die hier streitgegenständliche Versehung der klägerischen Marke mit dem Zusatz „scheiß“ eine derart pauschale und ehrverletzende Herabwürdigung dar, dass diese nicht mehr von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt sei. Das Gericht vermochte eine „satirisch-kritische“ oder gar „humorvolle Auseinandersetzung mit deutschen Fernsehlandschaft und deren Auswüchsen“ in der plumpen Schmähung der klägerischen Marke nicht zu erkennen.

Die II. Instanz

Das OLG Köln vertrat seine Ansicht etwas zurückhaltender und sagte die Sache sei durchaus schwierig in der Abwägung. Der Beklagte könne sich auf die Meinungs- und Kunstfreiheit berufen. Die Klägerin müsse auch Kritik hinnehmen. Der Beklagte weise nicht ganz zu Unrecht darauf hin, dass der Sender in einigen Formaten selbst eben jenen Fäkal-Jargon pflege, den er nun angreife. Der entscheidende Punkt sei jedoch, dass bei «Scheiß RTL» überhaupt nicht deutlich werde, was genau der Beklagte an RTL kritisiere. Die Marke werde als Ganzes verunglimpft.

Das Gerichte sagte weiter:

«Es ist ein Rundumschlag gegen den ganzen Sender».

Fazit

Der Rechtsstreit bietet ein nachvollziehbares Beispiel dafür, inwiefern Marken auch hinsichtlich ihrer Wertschätzung durch das Markengesetz geschützt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass das OLG Köln der Meinung ist,  dass ein Sender, der sich auf ein niedriges Niveau begibt, bei Kraftausdrücken nicht so empfindlich sein dürfe. Weiter zeigt der Rechtsstreit, dass beim Umgang mit fremden Marken Vorsicht geboten ist, da für eine Rechtsverletzung bereits die völlig nicht fernliegende Möglichkeit ausreicht, dass der Verkehr einen Herkunftshinweis annimmt. (jr)

(Bild:© photophonie – Fotolia.com)

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