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LG München: Eltern haften für Ihre Kinder im Internet

Das Landgericht München I hat in einem Urteil vom 19.06.2008, Az. 7 O 16402/07 (siehe Pressemitteilung), entschieden, dass Eltern neben ihren minderjährigen Kindern für Urheberrechtsverstöße im Internet als Störer haften, wenn sie ihren Aufsichtspflichten nicht nachkommen.

In dem konkreten Fall hatte die 16-jährige Tochter Videos auf den Webportalen „www.myvideo.de“ und „www.video.web.de“ eingestellt und damit Urheberrechte der Klägerin verletzt.

Ihre Eltern haben im Verfahren vorgetragen, sie hätten keine Pflichtverletzung im Sinne einer Aufsichtspflichtverletzung begangen, da ihre Tochter versierter im Umgang mit dem Internet sei als sie selbst und es bislang auch zu keinen Rechtsverletzungen im Umgang mit dem Internet gekommen sei. Zudem habe ihre Tochter in der Schule einen IT-Kurs belegt und überdies könnten Sie den Zugriff ihrer Kinder nicht permanent kontrollieren.

Nach Ansicht der Kammer haben die Eltern einer minderjährigen Tochter jedoch sehr wohl ihre Aufsichtspflicht verletzt. Sie wären ihren Sorgfaltspflichten nur dann ausreichend nachgekommen, wenn sie entsprechend dem Alter der Tochter, ihrer Eigenart und Charakter sowie im Hinblick auf die konkrete Rechtsgutverletzung alles Erforderliche zur Vermeidung dieser Situation getan hätten und dies auch nachweisen könnten. Nach Auffassung der Münchner Richter steht ein internetzugänglicher Computer einem „gefährlichen Gegenstand“ gleich, weshalb eine entsprechende Belehrung und Überwachung minderjähriger Familienmitglieder zwingend erforderlich sei.

Dieses Urteil entbehrt meines Erachtens jedes Sinns für die Realität. Zuallererst stellt sich doch die Frage, wie Eltern beweisen sollen, dass sie ihr Kind „einweisend belehrt“ haben und wenn ja, wie diese Belehrung aussah. Ich empfehle insofern, dem Kind eine schriftliche Einweisung und Belehrung zu übergeben, welche dieses dann nach Kenntnisnahme unterzeichnet. Dieses Prozedere sollte mindestens jeden Monat – besser jede Woche – wiederholt werden, ansonsten läuft man als Eltern Gefahr, seiner Überwachungspflicht nicht nachzukommen.

Da wahrscheinlich zumeist, wie auch in diesem Fall, die Kinder deutlich versierter im Umgang mit dem Internet sind als ihre Eltern – diesen Umstand ignoriert das Landgericht München I – können die Kinder ihren Eltern beim Aufsetzen der Belehrung gewiss helfen, belehrt werden müssen sie trotzdem.

Das Gericht verkennt außerdem gänzlich, dass eine geforderte „laufende Überwachung dahingehend, ob sich die Internetnutzung durch das Kind in dem durch die einweisende Belehrung gesteckten Rahmen bewegt“ faktisch nicht realisierbar ist. Es sei denn, die Eltern kennen sich mit Überwachungssoftware aus – nach dem Motto des Gerichts „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. (NH)

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