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LG Frankfurt: Eine Unterlassungserklärung gegenüber der Wettbewerbszentrale reicht nicht aus

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Wer eine Abmahnung bekommt, steht oft vor einem großen Problem. Nicht nur, dass er seine Werbung nun gegebenenfalls umstellen muss. Der Abgemahnte muss, wenn er eine gerichtliche Inanspruchnahme vermeiden will, auch eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Eine solche ist 30 Jahre gültig und soll gerade demjenigen gegenüber abgegeben werden, der einem ohnehin schon nicht wohlgesonnen ist, nämlich dem unmittelbaren Wettbewerber im jeweiligen Bereich.

Da Fehler im Internet schnell passieren und eventuell eine Vertragstrafe auslösen können, liegt es nahe, dass der Abgemahnte überlegt, wie er dieser Haftung gegenüber seinem Konkurrenten entgehen kann.

Wie die Kollegen der IT-Recht-Kanzlei berichten, halten es sowohl das Landgericht als auch das Kammergericht Berlin für zulässig, sich statt gegenüber dem „Abmahner“ gegenüber der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs – also einem Verein, der mit den beiden Parteien erst einmal nichts zu tun hat – zu unterwerfen.

Das Landgericht führte dazu aus:

„(…)ist hier davon auszugehen, dass die Unterwerfungserklärung geeignet ist, die Antragsgegnerin von weiteren Verstößen abzuhalten. Hinsichtlich der Zentrale zur Bekämpfung „Unlauteren Wettbewerbs e.V. ist keinerlei Hinweis ersichtlich, dass diese ohne Wirkung sein könnte und damit nicht erst gemeint sein könnte. (…)

(…) „Es mag eben so sein, dass es der Antragsgegnerin wie in diesem Fall sympathischer war, im Ernstfall das Geld an die Zentrale zur Bekämpfung Unlauteren Wettbewerbs e.V. als an die Antragsstellerin zu zahlen. Dies ist letztlich nicht anders zu beurteilen, als wenn der Verletzer gegen sich eine einstweilige Verfügung ergehen lässt und das Ordnungsgeld riskiert, anstatt sich zu unterwerfen und gegebenenfalls eine Vertragsstrafe zahlen muss.“

Das Kammergericht bestätigt das Ergebnis des Landgerichts mit den folgenden Erwägungen:

„(…)Anhaltspunkte für eine fehlende Ernsthaftigkeit bestehen im Streitfall nicht. Fern läge die Annahme eines irgendwie gearteten Näheverhältnisses zwischen der Zentrale und der Antragsgegnerin, welche das Verfolgungsinteresse der Zentrale – wohl einer der am meisten angesehenen Wettbewerbsverbände – mindern könnte. (…) Für die Zentrale ist im Streitfall die zumindest stichprobenartige Beobachtung des Internetauftritts der Antragsgegnerin lohnenswert, da ein etwaiger Verstoß für sie auf einigermaßen „leicht verdientes Geld” hinausliefe. Im Übrigen bleibt es der Antragsstellerin unbenommen, den Auftritt selbst zu beobachten und einen etwaigen Verstoß der Zentrale zu melden.(…)“

Jedenfalls gebe der vorliegende Fall Anlass zu dieser Betrachtungsweise, da

„(…)die hier in Rede stehenden Fragen zur „richtigen” Widerrufsbelehrung, namentlich der „richtigen” Widerrufsfrist bei Angeboten über eBay haben – ausgelöst durch Senat, Beschl. V. 18.07.2006 – 5 W 156/07, NJW, 3215, 3215 und OLG Hamburg, Urt. V. 24.08.2006 – 3 U 103/06, GRUR-RR 2007, 174 – gerichtsbekanntermaßen eine Vielzahl von Vielfachabmahnern auf den Plan gerufen (haben). Daher ist ein Interesse der Antragsgegnerin, sich hier lieber von vornherein nicht gegenüber einem abmahnenden Wettbewerber, sondern gegenüber einem anerkannt seriösen Wettbewerbsverband zu unterwerfen, nicht von der Hand zu weisen.”

So praxisfreundlich die Entscheidung sein mag, ob sie rechtlich richtig ist, dürfte äußerst zweifelhaft sein. Jedenfalls ist sie nicht verallgemeinerungsfahig.

Zwar ist mittlerweile anerkannt, dass auch die so genannte Drittunterwerfung in der Lage ist, die Wiederholungsgefahr auch weiteren Gläubigern gegenüber auszuräumen. In diesen Fällen ging es jedoch darum, ob ein Schuldner auch zusätzlichen zeitlich dem ersten Gläubiger nachfolgenden „Abmahnern“ gegenüber jeweils einzeln Unterlassungserklärungen zukommen lassen muss. (vgl. BGH GRUR 1987, 640, 641 – Wiederholte Unterwerfung II; BGHZ 144, 165, 169 f – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung).

Man sollte meinen, dass dann auch eine Unterwerfung gegenüber einem Dritten die Wiederholungsgefahr auch immer gegenüber dem Gläubiger ausräumt. Das ist jedoch (jedenfalls nicht grundsätzlich) so.

Das Landgericht Frankfurt führt diesbezüglich in einer Entscheidung aus dem April 2008 aus (LG Frankfurt, Urt. vom 09.04.2008, Az. 3/8 O 190/07) aus:

„Allerdings ist ein sachlich vertretbarer Grund, die Unterwerfungserklärung statt dem abmahnenden Gläubiger einem Verband gegenüber unaufgefordert abzugeben, erforderlich, wenn der Schuldner nur von einem Gläubiger abgemahnt wurde, um die Wiederholungsgefahr auch gegenüber dem abmahnenden Gläubiger entfallen zu lassen.

Denn der vom Antragsgegner eingeschlagene Weg, sich nicht gegenüber dem abmahnenden Gläubiger, sondern einem Verband gegenüber zu unterwerfen, ist mit einer Intensitätsabschwächung bei der Überwachung der Einhaltung der Unterlassungserklärung verbunden. Zwar ist angesichts der anerkannten Seriosität der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs nicht an deren Willen zu zweifeln, einmal erkannte Verstöße konsequent zu verfolgen. Aber das Interesse eines Wettbewerbers an der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ist im Vergleich zum Interesse der Zentrale, Wettbewerbsverstöße von gewerblichen Verkäufern auf der Handelsplattform eBay zu verfolgen, höher einzustufen.“

Fazit:
Nur wenn es förmlich Abmahnungen hagelt, kann die Unterwerfung zum Beispiel gegenüber der Zentrale ausreichen. Das sieht aber wohl zurzeit nur Berlin so. Da der Gläubiger sich den Gerichtsstand aussuchen kann, wird er wohl nicht Berlin anrufen, um eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Im Normalfall riskiert man ohnehin eine gerichtliche Inanspruchnahme. (la) Zum Urteil

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