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Die Kohl-Tonbänder: Klappe, die letzte.

birneHelmut Kohl darf seine auf Tonband gesprochenen Lebenserinnerungen behalten. In einem der zahlreichen Klageverfahren des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl gegen seinen Ghostwriter Heribert Schwan ist mit dem Urteil des Bundesgerichtshof nunmehr die letzte Klappe gefallen.

Hintergrund der Auseinandersetzung

Der Altkanzler verlangte von dem Kölner Journalisten Heribert Schwan  die Herausgabe von insgesamt 200 Tonbandaufnahmen aus den Jahren 2001 und 2002. Die Aufnahmen sollten als Vorlage für die Memoiren von Helmut Kohl dienen, die diesbezüglichen Verträge wurden bereits im Jahre 1999 sowohl von Helmut Kohl als auch von Heribert Schwan inhaltlich aufeinander abgestimmt jeweils mit einem Münchner Verlag geschlossen. Einen schriftlichen Vertrag zwischen Helmut Kohl und Heribert Schwan gab es hingegen nicht.

Nach einem Zerwürfnis im Jahre 2008 verlangte Helmut Kohl die Herausgabe der Tonbänder von Heribert Schwan. Dieser weigerte sich, so dass es zur gerichtlichen Auseindersetzung kam, die nunmehr durch das höchtrichterliche Urteil ein Ende gefunden hat.

Erstinstanzliches Urteil des LG Köln

Zunächst hatte erstinstanzlich das Landgericht Köln entschieden, dass Helmut Kohl einen Herausgabeanspruch gegen Heribert Schwan hat (LG Köln, Urt. v. 12.12.2013, Az. 14 O 612/12). Der Anspruch wurde damit begründet, dass zwischen Kohl und Schwan ein faktisches Auftrgsverhältnis  bestanden habe, aus welchem sich eine Verpflichtung zur Herausgabe durch Schwan gegenüber seinem Auftraggegber Helmut Kohl ergebe.

Berufungsverfahren vor dem OLG Köln

Auch in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln obsiegte Helmut Kohl (OLG Köln, Urt. v. 01.08.2014, Az. 6 U 20/14). Das Gericht führte aus, dass Helmut Kohl in sämtlichen Verträgen mit dem Verlag durchweg als Autor und damit als Urheber bezeichnet wurde. Neben dieser Bezeichnung sprachen auch die weiteren Regelungen in den Verträgen mit dem Verlag eindeutig für eine Urheberschaft von Hermut Kohl. Heribert Schwan hatte  versucht zu argumentieren, dass die Urheberrechte an dem aufgenommenen Material ihm zustünden, weil er sich die Fragen und Stichworte, auf welchen die festgehaltenen Ausführungen von Helmut Kohl basieren, allesamt selbst ausgedacht und den Aufnahmen damit erst ihre Struktur gegeben habe.

Dem folgte das Oberlandegericht Köln nicht. Anders als bei einem Interview habe Kohl vorgegeben, was aufgenommen werden sollte und was nicht. Zudem hatte er das vom Verlag vertraglich zugesicherte Recht, jederzeit seinen Ghostwriter austauschen zu dürfen. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Köln wurde Kohl durch das Aufnehmen der historisch wertvollen und einmaligen Tondokumente im Rahmen des bestehenden Auftragsverhältnisses sogar durch Verarbeitung Eigentümer der Tonbänder, welche zunächst im Eigentum von Heribert Schwan standen.

Weil Heribert Schwan auch diese Entscheidung nicht akzeptierten wollte, legte er Revision zum Bundesgerichtshof ein.

Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof bestätigte jetzt, dass ein stillschweigendes Auftragsverhältnis zwischen Kohl und Schwan auch ohne schriftlichen Vertrag bestanden habe und wies die Revision von Heribert Schwan zurück (BGH, Urt. v. 10.07.2015, Az. V ZR 206/14). In diesem Vertagsverhältnis sei der Altkanzler eindeutig als Auftraggeber in einer übergeordneten Position gewesen, er habe die Manuskripte jederzeit einsehen, ändern und kündigen können.

Kohl sei zwar entgegen den Feststellungen des Oberlandesgerichts Köln nicht durch „Verarbeitung“ gemäß § 950 Abs. 1 Satz 1 BGB Eigentümer der Tonbänder geworden, weil ein Tonband gerade nicht allein durch das Aufnehmen von Tondokumenten zu einer neuen Sache werde. Der Herausgabeanspruch folgt nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs aber aus einem anderen Gesichtspunkt, welcher sich aus dem zwischen den Parteien bestehenden Auftragsverhältnis ergibt. Nach dieser konkludent geschlossenen Vereinbarung durfte Helmut Kohl als Auftraggeber über den Inhalt der Memoiren allein entscheiden. Nach dem Widerruf des Auftrags aufgrund des Zerwürfnisse war Heribert Schwan damit nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs gemäß § 667 BGB rechtlich verpflichtet, seinem Auftraggeber alles herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten und aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Hiervon erfasst seien nicht nur zur Verfügung gestellte Dokumente, sondern auch die Herrn Schwan mitgeteilten und von ihm aufgezeichneten persönlichen Erinnerungen und Gedanken.

Der Bundesgerichtshof löste den Fall damit nicht über das Urheberrecht, sondern über die Vorschriften zur sogenannten Geschäftsführung ohne Auftrag. Nach diesen soll derjenige, der fremde Geschäfte besorgt und damit auf die Interessen eines anderen zu achten hat, aus dieser Ausführung des Auftrags keine Vorteile haben, die letztlich dem Auftraggeber gebühren. Die von Heribert Schwan zur Erfüllung des Auftrags als Hilfsmittel eingesetzten Tonbänder müsse er deshalb an den Auftraggeber übertragen, wenn das Erlangte anders nicht herausgegeben werden kann. (ha)

(Bild: © Tim UR – Fotolia.com)

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