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BGH: Eltern haften bei Filesharing nicht zwingend für volljährige Kinder

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sharingLaut einer aktuellen Pressemitteilung des BGH haftet der Inhaber eines Internetanschlusses nicht für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen, wenn der Anschlussinhaber keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass der erwachsene Familienangehörige den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht. So entschied der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 8.01.2014. Az. I ZR 169/12).

Geklagt haben vier deutsche Tonträgerhersteller. Bei dem Beklagten handelte es sich um einen Internetanschlussinhaber, der mit seiner Ehefrau und seinem volljährigen Stiefsohn in einem Haushalt lebt.

Die Klägerinnen nahmen den Beklagten in einer Abmahnung auf Unterlassung und Zahlung der Anwaltskosten in Anspruch und behaupteten, er habe über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen in einer Internettauschbörse zum Herunterladen zur Verfügung gestellt. An diesen Aufnahmen haben die Klägerinnen die ausschließlichen Nutzungsrechte.

Der Beklagte gab zwar eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber die Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 €. Dies begründete er damit, dass sein 20-jähriger Stiefsohn die Musikstücke öffentlich zugänglich gemacht habe.

OLG Köln hielt Belehrungspflicht ohne konkrete Anhaltspunkte für erforderlich

Nachdem das Landgericht Köln der Klage stattgegeben hatte (LG Köln, Urteil vom 24.11.2010, Az. 28 O 202/10), verurteilte das Berufungsgericht den Beklagten dazu, an die Klägerinnen lediglich einen Betrag i.H.v. 2.841,00 € zu zahlen (OLG Köln, Urteil vom 22.07.2011, Az.6 U 208/10). Das Berufungsgericht entschied, dass der Beklagte für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei. Denn er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm zumutbar gewesen, seinen Sohn über die Rechtswidrikgeit von Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen aufzuklären. Dies gelte auch dann, wenn für eine konkrete Urheberrechtsverletzung keine konkreten Anhaltspunkte vorlägen.

BGH entscheidet unter dem Aspekt familiärer Verbundenheit

Der Bundesgerichtshof wies nunmehr die Klage ab. Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an Volljährige sei zu berücksichtigen, dass diese für ihre Handlungen prinzipiell selbst verantwortlich seien. Mit Blick auf das besondere familiären  Vertrauensverhältnisses und die Eigenverantwortung von Volljährigen dürfe der Anschlussinhaber den Internetanschluss überlassen, ohne den Volljährigen zu  belehren oder zu überwachen. Erst wenn der Anschlussinhaber aufgrund eines konkreten Anlasses die die Befürchtung habe, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbrauche, müsse er Maßnahmen ergreifen, die die Rechtsverletzungen verhindern. Ein konkreter Anlass könne eine Abmahnung darstellen. Im vorliegendem Fall waren jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ein Handeln erforderlich gemacht hätten.

Vorherige BGH-Entscheidung hinsichtlich minderjähriger Kinder

Zuvor hatte der BGH entscheiden, dass Eltern dann ihre Aufsichtspflicht einhalten, wenn sie  ihr Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten (BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. I ZR 74/12). Der relevante Unterschied lag jedoch darin, dass es sich in diesem Fall, um ein 13-jähriges Kind handelte. In dieser Entscheidung teilte der BGH mit, dass sich der Umfang der Aufsichtspflicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes bestimme. Diesem Grundsatz ist er mit der neuen Entscheidung treu geblieben. (jr)

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