Mehrfach ausgezeichnet.

Focus Markenrecht
en

OLG Frankfurt: Streitwert bei Verstoß gegen Belehrungspflichten 1.000,00 EUR

Das OLG Frankfurt a.M. (OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 03.12.2007, Az. 6 W 184/07) war mit dem Thema „Abmahnungen wegen Wettbewerbsverstößen“ befasst. In diesem Fall ging es um fehlende Informationspflichten bei Verbraucherverträgen im Rahmen einer Internetauktion.

Zunächst hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob die Verkäuferin als Privatperson oder als Unternehmerin auftrat. Das Gericht nahm eine unternehmerische Tätigkeit an und kam zu dieser Entscheidung aufgrund mehrerer Anhaltspunkte, die für ein unternehmerisches Handeln sprechen:

Umfang der geschäftlichen Betätigung,
Art der angebotenen Artikel,
Anzahl der Bewertungen über einen Zeitraum von sechs Monaten,
Zustand der angebotenen Ware,
Betreiben eines Onlineshops.

Im Weiteren hatte sich das OLG Frankfurt a.M. mit der Frage der Wiederholungsgefahr auseinanderzusetzen. Das Gericht stellte insofern fest, dass die Verletzungshandlung bereits die tatsächliche Vermutung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr begründet, an deren Fortfall strenge Anforderungen zu stellen sind. In der Regel kann die Wiederholungsgefahr nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.

Mit dieser Entscheidung wurde erneut der Ansicht, die Wiederholungsgefahr könne durch Beseitigung des Rechtsverstoßes ausgeräumt werden oder die Wiederholungsgefahr entfalle aufgrund eines langen Zuwartens, eine Absage erteilt.

Schließlich befasste sich das Gericht mit der Dringlichkeit gemäß § 12 Abs. 2 UWG und führte hierzu aus, dass sofern eine Vier-Wochen-Frist von der Abmahnung bis zum Eilantrag eingehalten werde, kein wie auch immer gestaltetes „zögerliches“ und damit dringlichkeitsschädliches Vorgehen vorliege.

Kritisch zu beurteilen ist jedoch die Auffassung des Gerichts, ein Streitwert von 1.000 EUR sei vorliegend angemessen, weil das Interesse der Antragstellerin an der Unterbindung des beanstandeten Verhaltens mit Rücksicht auf den geänderten Internetauftritt der Antragsgegnerin und die daraus folgende „geringe Wiederholungsgefahr“ nicht höher bewertet werden kann.

Die Höhe des Streitwerts an der „Intensität“ der Wiederholungsgefahr festzumachen, geht mE vollkommen an der Sache vorbei. Der Streitwert richtet sch natürlich, wie auch sonst im Zivilrecht, nach dem Interesse des Gläubigers an der begehrten Handlung/Unterlassung des Schuldners. Gerade im Onlinehandel kommt dem für Verbraucher möglichen Widerruf erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zu, die bereits nach einigen (durch Weglassen der Belehrung) vermiedenen Widerrufen den Wert von 1.000,00 € übersteigen dürfte. Daher kann die Herabsetzung des Streitwerts durch das Gericht nur daran liegen, dass man keine Lust mehr hat, sich mit der Überprüfung der misslungenen Vorschriften im Fernabsatzbereich zu beschäftigen. Die gleiche Unlust zeigte vor einiger Zeit das KG Berlin in einer Entscheidung zu Belehrungspflichten.

Nach wie vor sind wir der Meinung, dass Gerichte sich hüten sollten, ihre wichtige Funktion als Judikative mit der Legislative zu vermengen. Dies ist auch einem notwendigen Reformdruck, der gegenüber dem Gesetzgeber aufgebaut werden muss, nicht zuträglich. Denn wenn Gerichte geltende Gesetze sowieso nicht mehr anwenden, brauchen sie nicht mehr geändert zu werden.(NH) Zum Urteil

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Chronologisch aufgebaut, differenzierte Gliederung, zahlreiche Querverweise und, ganz neu: Umfangreiche Praxishinweise zu jeder Prozesssituation.

Mehr erfahren

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht