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OLG Frankfurt am Main: "Screen Scrapping" ist zulässig

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 05.03.2009 entschieden (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 05.03.2009, Az. 6 U 221/08), dass das sogenannte „Screen Scrapping“ zulässig ist. Übersetzt bedeutet dieser Begriff soviel wie „Bildschirm auskratzen“.

Unter „Screen Scrapping“ oder auch „Web Scrapping“ versteht man das Auslesen von Texten auf Computerbildschirmen bzw. Webseiten. Hiervon werden auch spezielle Technologien erfasst, die der Gewinnung von Informationen durch gezieltes Extrahieren der benötigten Daten dienen. „Screen Scraping“ besteht somit im Wesentlichen aus zwei Schritten: dem Abrufen von Webseiten und der Extraktion der relevanten Daten.

In dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt a.M. ging es unter anderem um die Frage, ob die Vermittlung von Flugreisen durch „Screen Scrapping“ rechtswidrig sei. Die Antragsgegnerin hatte in einer Internet-Presseerklärung pauschal behauptet, „die Vermarktung der von der Antragsgegnerin durchgeführten Flugreisen durch Dritte im Wege des Screen Scrapings sei rechtswidrig“.

Die Antragstellerin bietet ebenfalls Flugreisen an und durchsucht zu diesem Zwecke die Internetseite der Antragsgegnerin auf das von ihrem Kunden gewünschte Flugziel sowie die passende Verbindung und stellt diese auf ihrer eigenen Internetseite dar, zugleich auch mit der Möglichkeit der direkten Absendung des Buchungsauftrages.

Das OLG Frankfurt a.M. hat zunächst entgegen der Auffassung des LG Hamburg (LG Hamburg, Urteil vom 28.08.2008, Az. 315 O 326/08) klargestellt, dass ein sogenanntes „virtuelles Hausrecht“ hier nicht greift. Nach Auffassung des OLG sei die Befugnis zur Ausübung des Hausrechts in Räumen oder Grundstücken mangels vergleichbarer Interessenlage nicht auf eine Internetseite übertragbar:

Das Hausrecht hat seine gesetzliche Grundlage im Eigentums- oder Besitzrecht des Hausrechtsinhabers an einer Sache und schützt damit absolute Rechtspositionen. Demgegenüber liegt das Wesen einer Internetseite – die als solche nicht mit einem vergleichbaren absoluten Rechtsschutz versehen ist – gerade darin, von Dritten „besucht“ und damit zur Kenntnis genommen zu werden. Dabei steht dem Betreiber der Internetseite die Möglichkeit offen, den Zugang zu seiner Seite tatsächlich durch technische Maßnahmen zu begrenzen und den Zugriff auf deren Inhalt etwa von dem vorherigen Abschluss eines Nutzungsvertrages abhängig zu machen. Solange die Antragsgegnerin von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, kommt den auf ihrer Internetseite wiedergegebenen „Nutzungsbedingungen“ ebenso wie allen weiteren einseitigen Erklärungen über von ihr gewollte Nutzungsbeschränkungen keine Rechtswirkung zu.

Das Gericht stellte ferner klar, dass das „Screen Scraping“ im vorliegenden Fall weder eine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG, noch einen rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Antragsgegnerin gemäß § 823 I BGB darstelle. Auch verstoße dieses „Ausforschen“ nicht gegen § 87 b UrhG, wonach eine Datenbank urheberrechtlichen Schutz genießt.

Und nun noch ein Gruß für den, den es angeht: Schön schön…schön war die Zeit…niemals geht man so ganz. Irgendwas von dir bleibt hier….. (nh, ro).

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