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Der Alptraum aller Kleinkinder: Europäisches Gericht verweigert Steiff Markenschutz

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steiffEin Steiff-Teddy ist das erste Status-Symbol, mit dem viele deutsche Kleinkinder in Berührung kommen. Noch bevor Anna oder Maximilian krabbeln können oder definierbare Laute ihren Mund verlassen, werden sie bereits von der Oma oder Tante auf den kleinen Knopf im Ohr (und das daran befestigte gelb-rote Fähnchen) hingewiesen: „Schau mal, der ist von Steiff. Der ist was ganz Besonderes“. Und instinktiv wissen Anna und Maximilian Bescheid: „Ich hab einen Steiff-Bären. Ich bin was ganz Besonderes“.

Dass bei spanischen, griechischen oder irischen Kindern bzw. den sie beschenkenden Omas und Tanten entsprechende Assoziationen oftmals fehlen, musste nun die Firma Steiff vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) zur Kenntnis nehmen. Denn dieses wies zwei Klagen von Steiff auf Eintragung von Knopf und Fähnchen als europäische Gemeinschaftsmarken ab (Urteile v. 16.01.2014, Az. Az.: T-433/12 und T-434/12).

Bereits im Jahr 2010 hatte Steiff beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) „für einen glänzenden oder matten, runden Metallknopf, der im mittleren Bereich des Ohrs eines beliebigen Stofftiers, das Ohren aufweist, angebracht ist, sowie für ein mittels eines solchen Knopfes angebrachtes rechteckiges, längliches Stofffähnchen“ einen Antrag auf Markeneintragung gestellt. Doch das HABM verweigerte Steiff die entsprechende Eintragung. Seine Begründung: Aus Knopf und Fähnchen im Ohr der Stofftiere würde der Verbraucher nicht auf eine betriebliche Herkunft schließen, so dass es an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle.

Das EuG schloss sich dieser Argumentation nun im Ergebnis an: Zunächst stellte es fest, dass Knopf und Fähnchen bei Steiff mit dem Erscheinungsbild der jeweiligen Stofftiere verschmelzen. Sodann führte es aus, dass die Verbraucher aus Zeichen, die mit dem Erscheinungsbild der Waren verschmelzen, gewöhnlich nicht auf eine betriebliche Herkunft der Waren schließen würden. Deshalb wäre es für eine Bejahung der Unterscheidungskraft notwendig, dass die angemeldeten Marken erheblich von der Norm oder der Üblichkeit der Branche abweichen. Ein entsprechendes Abweichen von der Norm erkannte das EuG jedoch nicht:

 „Wie sich im Wesentlichen aus den vorstehenden Rn. 29 bis 32 ergibt, stellen Knöpfe jedoch zum einen für Stofftiere übliche Gestaltungselemente dar, und zum anderen sind die Verbraucher an eine sehr große Vielfalt dieser Waren, ihrer Designs und ihrer möglichen Gestaltungen gewöhnt. Die Anbringung der Knöpfe am Ohr, durch die faktisch eine gewöhnliche Kombination entsteht, die von den Verkehrskreisen als dekoratives Element wahrgenommen werden wird, kann keineswegs als außergewöhnlich, d. h. als erheblich von der Norm oder der Üblichkeit dieser Branche abweichend, angesehen werden. Diese Gestaltung wird von den Verbrauchern lediglich als eine Variante der möglichen Anbringung des Knopfes an anderen Teilen derartiger Waren oder auch als Variante etwaiger anderer an den Ohren angebrachter Verzierungen wahrgenommen werden. Deshalb können die angesprochenen Verkehrskreise darin keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen“.

Für Steiff’s Ausland-Marketing dürfte die Einschätzung der Luxemburger Richter eine herbe Niederlage sein. Und wären Anna und Maximilian hier in Deutschland schon in der Lage, die Urteilsgründe zu lesen, würden sie möglicherweise die Liebe und Zuneigung ihrer Omas und Tanten in Frage stellen: „Was??? Der Knopf ist nicht einzigartig??? Bin ich dann etwa auch nicht einzigartig???“

Deshalb lasst Euch gesagt sein, liebe Anna, lieber Maximilian: In Deutschland ticken die Uhren anders. Hier sind Knopf und Fähnchen am Ohr Eurer Kuscheltiere selbstverständlich markenrechtlich geschützt. Fehlende Unterscheidungskraft war hier nie ein Thema. Der Liebe Eurer Familie könnt Ihr Euch deshalb auch weiterhin gewiss sein, sofern Ihr ein Steiff-Tier Euer Eigentum nennen könnt.

Gegen die Entscheidung des EuG kann Steiff binnen zwei Monaten Rechtsmittel einlegen und eine letztinstanzliche Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) herbeiführen. Möglicherweise haben die Richter ja dort ein Einsehen, dass auch Carmen in Spanien, Nikos in Griechenland und Kieran in Irland gerade Knopf und Fähnchen im Ohr ihrer Kuscheltiere besonders glücklich machen. (ab)

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