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LG Hamburg: DNS-Resolver Quad9 haftet als Störer für Urheberrechtsverletzungen

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DNS-Resolver übersetzen Webadressen in numerische IP-Adressen, weshalb sie für den Zugang zum Internet unverzichtbar sind. Die Störerhaftung von Internetzugangsanbietern hat der Gesetzgeber durch § 8 Abs. 1 S. 2 Telemediengesetz (TMG) im Jahre 2017 abgeschafft.

Das LG Hamburg hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit die Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen im Internet ausgeschlossen ist.

Nach Ansicht des Gerichts haftet der Anbieter eines DNS-Resolvers, wenn er trotz Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung untätig bleibt. Auf Antrag der Sony Music Entertainment Germany GmbH erließen die Richter deshalb eine einstweilige Verfügung.

Diese verpflichtet den Schweizer Anbieter Quad9, den Zugang zu einer von Dritten betriebenen Webseite, die auf mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen einer anderen Website verlinkt, für deutsche Nutzerinnen und Nutzer seines DNS-Resolvers zu sperren (LG Hamburg, Beschluss vom 12.05.2021, Az. 310 O 99/21).

Haftungsprivileg kommt Quad9 nicht zu Gute

Quad9 bietet als spendenfinanzierter schweizerischer Internetdienst kostenfrei DSN-Resolver an. Anders als kommerzielle Anbieter, wie beispielsweise Google oder die Telekom, speichert Quad9 dabei keine persönlichen Daten zum Surfverhalten seiner Nutzer. Letztere schützt Quad9 zudem vor Phishing und Malware-Attacken.

Auf den in § 8 Abs. 1 S. 2 TMG geregelten Ausschluss der Störerhaftung, der vor allem die Bereitstellung öffentlicher WLANs fördern soll, kann sich Quad9 nach Ansicht des LG Hamburg nicht berufen. Quad9 leiste einen willentlichen, adäquat-kausalen Beitrag zur Erreichbarkeit der Verlinkungen. Dadurch, dass der Internetdienst trotz Hinweises seitens der Antragstellerin auf die Urheberrechtsverletzungen nicht eingeschritten sei, habe er seine zumutbaren Prüfpflichten verletzt.

Sind jetzt die Informationsrechte der Nutzer durch Overblocking in Gefahr?

Hat der Beschluss Bestand, könnte er weitreichende Konsequenzen haben. Für Quad9 ist die Filterung von Urheberrechtsverletzungen mit weitreichenden Kosten verbunden. Allein aus diesem Grund haben die Schweizer mit Hilfe der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt.

GFF-Projektkoordinatorin Julia Reda argumentiert, dass global eingesetzte DNS-Resolver nur ganze Domains, nicht aber einzelne Inhalte technisch sperren könnten. Durch die Sperrung ganzer Domains könne es zu einem Overblocking kommen, welches die Informationsfreiheit der Nutzer gefährde.

Angesichts der grundrechtlichen Bedeutung der Sache, ist die Entscheidung über den Widerspruch mit Spannung zu erwarten. Zu mehr Rechtssicherheit hat der Beschluss des LG Hamburg in keinem Fall beigetragen.

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