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BGH: Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist selbstständiger Anspruch

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Abmahnkosten Anspruch
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Das hat der Bundesgerichtshof in einem Verfahren entschieden, in dem (BGH, Urteil v. 27.01.2022, Az. I ZR 7/21).

In dem Verfahren stritten zwei Parteien, die jeweils im Fernabsatz Lebensmittel und Drogerieartikel über Online-Handelsplattformen anbieten. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen vermeintlicher Wettbewerbsverstöße bei einem Angebot auf Ebay ab. Zudem erwirkte sie eine einstweilige Verfügung und erhob Hauptsacheklage. Es kam dann zu einer weiteren Abmahnung durch die Klägerin wegen vermeintlich wettbewerbswidriger Angebote der Beklagten auf Ebay und Amazon. Auch hier mahnte die Klägerin ab, erhob Klage und verlangte Erstattung ihrer Abmahnkosten.

Erstattungsanspruch unabhängig vom Unterlassungsanspruch

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kein im Verhältnis zu einem Unterlassungsanspruch unselbständiger Nebenanspruch ist, der vom Hauptanspruch abhängig ist. Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten sei jedoch nur insofern unselbständig und entstehe nur dann nicht, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Abmahnung kein Unterlassungsanspruch (mehr) bestehe und die Abmahnung daher unberechtigt sei. Der beim Vorliegen eines Unterlassungsanspruchs entstandene Erstattungsanspruch bestehe unabhängig davon fort, ob der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch fortbestehe.

Verwandter Fall des BGH zu Kostenerstattung bei Gegenabmahnungen

Der BGH hatte bereits wenige Tage zuvor ein Urteil gefällt, in dem er sich mit der Frage der Kostenerstattung im Fall berechtigter Gegenabmahnungen auseinandergesetzt hat (BGH, Urteil v. 21.01.2021, Az.  I ZR 17/18, GRUR 2021, 752, Rn. 34 = WRP 2021, 746).

Erstattungsanspruch auch bei Rechtsmissbräuchlichkeit einer Klage

Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten bestehe, so der BGH, auch dann fort, wenn der Unterlassungsanspruch durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erloschen sei. Das gleiche sei der Fall, wenn der späteren gerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs die Rechtsmissbräuchlichkeit der Klage entgegenstehe (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 19.07.2012, Az. I ZR 199/10; MIR 2013, Dok. 005).

Das Berufungsgericht habe diese Selbständigkeit des Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten verkannt. Es sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass auf § 12 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) a. F. abzustellen sei. Es habe dann aber rechtsfehlerhaft angenommen, die spätere rechtsmissbräuchliche Klageerhebung führe zum Entfallen der Berechtigung der vorausgegangenen Abmahnung im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a. F. und stehe einem Erstattungsanspruch entgegen. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten baue jedoch gerade nicht auf dem Unterlassungsanspruch auf und teile nicht dessen Schicksal.

Berufungsgericht muss neu verhandeln und entscheiden

Der 5. Zivilsenat des BGH hob das angefochtene Urteil der Vorinstanz auf. Außerdem verwies er die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision und die außergerichtlichen Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens – an das Berufungsgericht zurück. Die Sache sei noch nicht zur Entscheidung reif, da es sowohl für die Frage der Berechtigung der Abmahnung im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 UWG a. F. als auch, was die Frage der Erfüllungswirkung der Zahlung der Beklagten betrifft, an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts fehle.

Man darf gespannt sein, wie das Berufungsgericht diese Feststellung treffen wird und ob der Fall danach erneut beim BGH landet.

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