LHR-Praxisfall – Ärzte und Tierärzte: Bewertungen rechtssicher handhaben – ohne Kommentierung, mit konsequenter Löschung
LHR begleitet seit vielen Jahren Mandantinnen und Mandanten beim Umgang mit Online-Bewertungen auf Plattformen wie Google, Jameda, Kununu sowie spezialisierten Hotel- und Dienstleistungsportalen.
Die daraus gewonnenen Einblicke in unterschiedliche Berufsbilder – insbesondere Human- und Veterinärmedizin – zeigen wiederkehrende Muster: hohe Erwartungshaltungen, emotionale Ausnahmesituationen und ein öffentlicher Bewertungsdruck, der schnell reputationsgefährdend werden kann.
Besonderheit in der Tiermedizin: „Vollkasko“-Erwartung trifft auf GOT-Realität
Ein wesentlicher Treiber negativer Rezensionen im Veterinärbereich ist das Abrechnungsregime: Leistungen werden nach der Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte offen und unmittelbar gegenüber Tierhalterinnen und Tierhaltern abgerechnet – im Not- und Wochenenddienst mit erhöhten Sätzen und Pauschalen.
Was fachlich und rechtlich korrekt ist, wird subjektiv häufig als „zu teuer“ empfunden. In der Humanmedizin ist dieser Wahrnehmungskonflikt seltener, weil dort Kosten oft durch Kassen oder Versicherungen im Hintergrund abgefedert werden.
Hohe Belastung in Praxis und Notdienst
Medizinische Teams arbeiten unter Zeitdruck, treffen belastende Entscheidungen und müssen Behandlungen in Krisensituationen erklären. Für Tierärztinnen und Tierärzte gilt dies in Notdiensten in besonderem Maße. Die anhaltende psychische Beanspruchung macht einen fairen, faktenbasierten Umgang mit Kritik notwendig – ohne zusätzliche Eskalation durch öffentliche Debatten.
Bewertungsdynamiken verstehen – ohne sich öffentlich zu exponieren
Rezensionen mit Schlagworten wie „zu teuer“ oder pauschalen Unterstellungen können durch digitale Verstärkungseffekte überproportional sichtbar werden.
Gleichwohl gilt: Öffentliche Erwiderungen sind für Ärztinnen, Ärzte und Tierärztinnen und Tierärzte keine Option. In der Humanmedizin stehen der Schweigepflicht enge Grenzen jeder öffentlichen Kommunikation entgegen; auch in der Veterinärmedizin bestehen strenge Verschwiegenheitspflichten. Jede öffentliche „Klarstellung“ birgt das Risiko, geschützte Informationen mittelbar offenzulegen.
Rechtlicher Rahmen
Kritische Meinungsäußerungen sind grundsätzlich geschützt, auch in scharfer Form. Unzulässig sind falsche Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik, Beleidigungen, Diffamierungen, Boykottaufrufe sowie Fake- oder Kampagnenbewertungen ohne echten Behandlungskontakt.
Plattformen trifft nach substantiierter Rüge eine Prüfpflicht; unzulässige Inhalte sind zu entfernen.
Empfehlung und Vorgehen: nicht kommentieren – konsequent löschen
- Nicht kommentieren: Keine öffentlichen Antworten, keine „Klarstellungen“, keine Dialogangebote über die Kommentarspalte.
- Beweise sichern: Screenshots mit Datum und Uhrzeit, Profil-URL, Ranking-Position, Suchsichtbarkeit, ggf. Verlauf.
- Intern prüfen: Sachverhalt ausschließlich intern gegen die Aktenlage halten; keine Details nach außen geben.
- Rechtlich einordnen: Meinungsäußerung von Tatsachenbehauptung, Schmähung und Kampagne trennen.
- Löschung verlangen: Substantiierte Rüge an die Plattform mit Belegen und Hinweis auf Prüfpflichten; keine öffentliche Kommunikation.
- Mit Anwalt eskalieren – notfalls gerichtlich: Bei Verzögerung oder Ablehnung anwaltlich vorgehen, bis hin zu einstweiliger Verfügung und Unterlassung.
- Monitoring und Mustererkennung: Serien- oder Kampagnenbewertungen bündeln und geschlossen angreifen.
Typische Löschungsgründe
- Erfundene oder objektiv falsche Tatsachen: Bewertender war nie Patient, frei erfundene Behandlungsabläufe, unzutreffende Abrechnungsbehauptungen.
- Schmähkritik und Beleidigungen: reine Herabsetzung ohne Sachbezug.
- Fake- oder Kampagnenmuster: keine belastbaren Anhaltspunkte für echten Kontakt, auffällige Häufungen.
- Persönlichkeitsrechtsverletzungen: diffamierende Inhalte oder Boykottaufrufe.
Fazit
Für Ärztinnen, Ärzte und Tierärztinnen und Tierärzte ist der rechtssichere Umgang mit Bewertungen klar: nicht kommentieren, löschen lassen, anwaltlich begleiten und notfalls gerichtlich durchsetzen.
So wird Reputationsschaden begrenzt, rechtliches Risiko minimiert und das Team in einem ohnehin belastenden Umfeld wirksam geschützt.