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Focus Markenrecht
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Verkaufsverbot für Nikotinbeutel und Spirituosen in Kiosken mit Automaten: Ein Praxisfall

Immer häufiger geraten Betreiber von Verkaufsautomaten – auch im Rahmen klassischer Kioske – ins Visier der Behörden, wenn diese nikotinhaltige Beutel (sog. Nikotinpouches) oder Spirituosen über ihre Automaten anbieten.

In einem aktuellen Fall wurde ein Kioskbetreiber mit integriertem Automaten-Supermarkt gleich in mehrfacher Hinsicht mit einschneidenden Maßnahmen konfrontiert.

Praxisfall: Beschlagnahme und Verkaufsverbot

Der Unternehmer betreibt einen Automatenverkaufsraum, der an einen klassischen Kiosk angeschlossen ist. Dort wurden durch die zuständige Polizeidienststelle in Abstimmung mit der örtlichen Staatsanwaltschaft mehrere Produkte beschlagnahmt – darunter Nikotinbeutel und kleinere Spirituosenflaschen. Die Maßnahme erfolgte auf Grundlage eines Sicherstellungsprotokolls; ein schriftlicher Verwaltungsakt wurde jedoch nicht unmittelbar ausgehändigt.

Der Betreiber wurde vor Ort zudem mündlich darauf hingewiesen, dass der Verkauf von Spirituosen über Automaten unzulässig sei. Die Beamten machten deutlich, dass bei weiteren Verstößen eine vollständige Beschlagnahme der Waren und eine Weiterleitung an die Bußgeldstelle erfolgen werde.

Rechtlicher Rahmen für Nikotinbeutel (alle Vertriebswege)

Nikotinbeutel enthalten in der Regel keinen Tabak und fallen damit nicht unter das TabakerzG. Dennoch werden sie nach derzeitiger Verwaltungspraxis als neuartige Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-Verordnung (EU) 2015/2283 sowie der Lebensmittel-Basisverordnung (EG) 178/2002 eingeordnet.

Die Konsequenz:

  • Produkte ohne Zulassung gelten als nicht verkehrsfähig.
  • Hohe Nikotinkonzentrationen werden oft als gesundheitsgefährdend bewertet.
  • Ein Verstoß kann strafrechtlich oder bußgeldrechtlich geahndet werden.

Diese Bewertung betrifft sämtliche Händler – also nicht nur Automatenbetreiber, sondern auch klassische Kioske, Online-Shops und Ladengeschäfte.
Detaillierte Informationen zur Einstufung und behördlichen Bewertung von Nikotinpouches finden Sie hier:

👉 Nikotin Pouches: Unterschiedliche EU-Regelungen im Überblick

👉 LHR-Themenseite “Nicotine Pouches”

Verkaufsverbot für Spirituosen über Automaten

Besondere Beachtung verdient § 20 Abs. 1 GastG. Danach ist es untersagt, hochprozentige alkoholische Getränke (z. B. Wodka-Minis, Liköre) über Verkaufsautomaten abzugeben. Dieses Verbot greift unabhängig davon, ob technische Altersverifikationssysteme vorhanden sind.

Das Jugendschutzgesetz (§ 9 Abs. 3 JuSchG) erlaubt lediglich unter sehr engen Voraussetzungen den Verkauf von Bier und Wein über Automaten – etwa bei kontrolliertem Zugang oder ständiger Aufsicht. Spirituosen sind hiervon ausdrücklich nicht umfasst.

Der stationäre Verkauf im Kiosk selbst (also außerhalb des Automatenbetriebs) ist hiervon nicht betroffen, solange die allgemeinen Vorschriften zu Jugendschutz, Steuerrecht und ggf. Gewerberecht eingehalten werden.

Einschätzung der Behörden im Praxisfall

In dem geschilderten Fall wurde uns mitgeteilt, dass der Verkaufsort durch die Nähe zu einer Schule besonders unter Beobachtung stehe. Der zuständige Beamte betonte, dass man “einen einheitlichen Maßstab” an alle Automatenbetreiber anlege und Wiederholungstäter mit vollständiger Beschlagnahme und ggf. Strafanzeige rechnen müssten.

Ein Hinweis auf Mitbewerber, die ebenfalls vergleichbare Produkte anbieten, wurde mit dem Argument entkräftet, dass die Behörden jeweils “konkret anlassbezogen” tätig würden – z. B. auf Hinweis oder Verdachtsmeldung hin.

Handlungsempfehlungen für Kioskbetreiber mit Automaten

  • Keine Nikotinbeutel ohne Zulassung anbieten, auch nicht im Kiosk oder Automaten.
  • Spirituosenverkauf über Automaten strikt unterlassen, auch bei technischer Alterskontrolle.
  • Automatenware regelmäßig überprüfen und auf beanstandungsfreie Zusammensetzung achten.
  • Behördliche Mitteilungen (auch mündlich) dokumentieren und ggf. nachfassen.
  • Rechtsgrundlagen aktiv einfordern (z. B. schriftliche Verfügung, Begründung).
  • Akteneinsicht beantragen, um den genauen Gegenstand und Umfang eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen.
  • Keine Wiederaufnahme des Verkaufs ohne klare Klärung der Rechtslage.

Fazit

Der geschilderte Fall zeigt deutlich: Die Behörden gehen mittlerweile gezielt und mit großem Nachdruck gegen den Vertrieb von nicht verkehrsfähigen Nikotinprodukten und gegen verbotswidrige Alkoholangebote über Automaten vor. Gerade Kioskbetreiber mit hybriden Verkaufsstrukturen (Laden + Automat) müssen besondere Sorgfalt walten lassen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie gerne bei der rechtlichen Bewertung Ihrer Produktpalette, bei der Kommunikation mit Aufsichts- und Ermittlungsbehörden sowie bei der proaktiven Absicherung Ihres Geschäftsbetriebs gegen Sanktionen und Imageschäden.

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