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Gesetz gegen Abmahnmissbrauch – Legislativer Aktionismus

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Gesetz Abmahnungsmissbrauch
Zerbor – stock.adobe.com

Wegen unserer Regelungswut werden wir Deutsche immer wieder belächelt. Das im Dezember 2020 in Kraft getretene „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ (vulgo: Gesetz gegen Abmahnmissbrauch) definiert für Abmahnungen strengere formale Anforderungen.

Dabei ist die Judikative längst auf der Hut, wenn es um missbräuchliche Abmahnmaschen geht.

Die Gewaltenteilung ist eine feine Sache: Die Legislative beschließt Regeln, die die Exekutive ausführt und die Judikative überwacht das Ganze.

Manchmal jedoch hinkt die Gesetzgebung etwas hinter der Praxis her und schiebt schnell Normen nach, oft auch da, wo die Rechtsprechung längst taugliche Lösungen gefunden hat.

Das Gesetz gegen Abmahnmissbrauch

So soll mit dem „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ das Thema Abmahnungen neu geregelt werden, um dem Missbrauch vorzubeugen, der sich hier in den letzten Jahren Bahn brach: hohe Gegenstandswerte, überhöhte Vertragsstrafen, zahlreiche Einzelabmahnungen trotz gleicher oder ähnlicher Verstöße. 

Im Corona-Jahr 2020 war die Legislative intensiv mit der Novelle befasst: am 10. September passierte das Gesetz den Bundestag, am 9. Oktober den Bundesrat, ehe es durch den Bundespräsidenten ausgefertigt und am 1. Dezember im Bundesgesetzblatt verkündet wurde. Am Tag darauf trat es in Kraft.

Doch: Braucht es diese normative Nachbesserung wirklich? Ein Blick in die Praxis zeigt: Eigentlich nicht.

Gerichte handeln längst im Sinne der Neuregelung

Die Rechtsprechung identifiziert bereits die vom Gesetzgeber definierten missbräuchlichen Verhaltensweisen im Rahmen des rechtlichen Vorgehens gegen vermeintliche oder tatsächliche Wettbewerbsverstöße, etwa das Führen  getrennter Verfahren (Mehrfachverfolgung) trotz gleichartigem oder ähnlichem Rechtsverstoß, was die Kosten- und Arbeitslast erhöht (vgl. Beschluss des KG Berlin v. 9.12.2020, Az.: 5 U 69/19, der eine Erhöhung der außergerichtlichen Kosten um rund ein Drittel durch Aufsplittung der Sache in zwei Verfahren ermittelt und rügt).

Also: Die Judikative ist längst wach und sich der Probleme bewusst, die mit Abmahnungen verbunden sind. Das zeigt nicht zuletzt dieser aktuelle Fall:

Ob es dazu eine eigene Norm braucht, darf also bezweifelt werden.

Legislativer Aktionismus

Gesetze und Regeln sollten im demokratischen Rechtsstaat auf das notwendige Minimum beschränkt sein. Nur dort, wo wirklich Regelungsbedarf besteht, sollte der Gesetzgeber tätig werden. 

Dort aber, wo die Praxis der Rechtssprechung längst die Deutungshoheit übernahm und Interpretationslücken geschlossen hat, etwa beim Thema Abmahnungen, wie aus in den Beschlüssen ersichtlich ist, wird eher ein legislativer Aktionismus erkennbar als das Schließen einer klaffenden Rechtslücke.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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